Berliner Zeitung 23.3.99

Kurden wollen demonstrieren Mehrere Kundgebungen während des EU-Gipfels

Von Gilbert Schomaker
Kurden wollen während des EU-Sondergipfels in Berlin am Mittwoch für ihren inhaftierten Anführer demonstrieren. Unter dem Motto „Freiheit für Öcalan“ ist eine Kundgebung mit etwa 150 Kurden angemeldet worden. Die Polizei lehnte die Budapester Straße als Veranstaltungsort ab. Dort liegt das Tagungshotel, das Hotel Intercontinental, in dem die EU-Staats- und Regierungschefs untergebracht sind. Bis zum Abend verhandelte die Polizei mit den Organisatoren über den Kundgebungsort. Die Polizei schlug die Urania vor.
Die Berliner Polizei wollte sich nicht zu „möglichen Kurdenkrawallen“ äußern. Aus Bonner Sicherheitskreisen verlautete, daß viel von den Bildern des am Mittwoch in Istanbul beginnenden Öcalan-Prozesses abhängt. „Wenn demütigende Fernsehbilder die Kurden in Berlin erreichen, könnte es zu plötzlichen Gewaltausbrüchen kommen. Es gibt ein hohes Element der Unberechenbarkeit“, so ein Sicherheitsexperte. Bisher gehe man aber davon aus, daß die PKK-Führung die Devise ausgegeben habe, die Demonstranten sollten friedlich auf den Öcalan-Prozeß aufmerksam machen. Eine weitere Kundgebung unter dem Motto „Gipfel stürmen“ wird vom Oranienplatz zum Breitscheidplatz führen. Der Organisator, der PDS-Abgeordnete Freke Over, rechnet mit 500 Teilnehmern, die per Fahrrad von Kreuzberg nach Tiergarten fahren.
Am heutigen Dienstag sucht die Polizei routinemäßig den Landwehrkanal auf mögliche Bomben ab. (sco.)