DIE WELT, 22.3.1999

Israel sieht „Dämonisierung“ des Mossad
FAZ-Bericht über Beteiligung an Entführung von PKK-Chef Öcalan als „falsch“ zurückgewiesen

Jerusalem/Bonn ­ In Israel zeigt man sich besorgt über die langfristigen Auswirkungen der Entführung des kurdischen Untergrundführers Abdullah Öcalan. Vor allem nach wiederholten Meldungen, der israelische Auslandsgeheimdienst Mossad sei an dessen Entführung aus Kenia beteiligt gewesen. „Leider läßt sich der Eindruck nicht vermeiden, daß die Dämonisierungsbemühungen gegenüber dem Mossad einen neuen Höhepunkt erreicht haben,“ kommentierte ein hochrangiger Diplomat im israelischen Außenministerium einen entsprechenden Bericht der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ).
Die israelischen Medien, deren Geheimdienstexperten sonst meist als erste spektakuläre Aktionen und auch Fehlschläge des Mossad enthüllen, wurden bislang nicht fündig. „Alle Berichte über Mossad-Hilfe an der Entführung Öcalans berufen sich auf Spekulationen,“ erklärte ein Ex-Mossad Agent. „Sie berufen sich auf die Tatsache, daß Israel gute Beziehungen zur Türkei unterhielt. Als ob es dafür nicht gute Gründe gebe, auch ohne Hilfe bei der Entführung.“ Die „Identifizierung“ eines Mossad-Agenten, der schon bei der Entebbe-Aktion 1976 gesichtet wurde, durch „ägyptische Zeugen“ löste in Israel nur noch Kopfschütteln aus. Die isarelische Botschaft in Bonn wies den FAZ-Bericht offiziell zurück. Man sei über den Beitrag verblüfft, hieß es in Botschaftskreisen. Der Bericht sei aus einer fragwürdigen Quelle und erhalte falsche Darstellungen bekannter Fakten. Als Beispiel wurde die Darstellung in dem Bericht genannt, nach der ägyptische Zeugen auf dem Flughafen von Nairobi den israelischen Geheimdienstoffizier identifiziert hätten, der die Befreiung einer entführten El-Al-Maschine 1976 in Entebbe geleitet habe. Bei dem Flugzeug habe es sich jedoch um eine Maschine der französischen Fluggesellschaft Air France gehandelt. Der Einsatz sei von Joni Netanjahu geleitet worden, dem Bruder des israelischen Premiers Benjamin Netanjahu. Er sei bei dem Einsatz getötet worden.
Der Pressesprecher der israelischen Botschaft in Bonn wies erneut jede Beteiligung Israels an der Festnahme des PKK-Chefs zurück. In jüngster Zeit seien erfundene Darstellungen über eine israelische Beteiligung erschienen. Diese „unverantwortlichen Berichte“ seien nicht nur falsch, sondern auch „eine Dummheit“, da sie die gespannte Lage weiter zuspitzten. Aus diesem Grund sehe man sich gezwungen, gegen die Urheber dieser Berichte vorzugehen. Der Sprecher kündigte an, daß sich die Botschaft heute offiziell bei Verlag und Chefredaktion der FAZ über den Beitrag beschweren werde.
Öcalan war Mitte Februar nach offizieller türkischer Darstellung vom türkischen Geheimdienst aus der kenianischen Hauptstadt Nairobi in die Türkei gebracht worden. Trotz des Dementis von israelischer Seite, ist man nicht überall davon überzeugt, daß der Mossad bei der Öcalan-Entführung keine Rolle gespielt hat. So verweisen deutsche Sicherheitskreise auf die enge Zusammenarbeit der Geheimdienste Kenias und Israels. Der Mossad habe bei Ausbildung und Ausrüstung des kenianischen Partnerdienstes entscheidend mitgeholfen und sei personell selbst in Kenia massiv präsent. Außerdem unterhalte der Mossad seit drei Jahren auch eine sehr enge Kooperation mit dem türkischen Geheimdienst MIT.
 DW