Süddeutsche Zeitung 20.03.99

Runder Tisch zum Newroz-Fest
Mit Fackelzug und Mahnwache feiern Kurden ihren Neujahrstag

Von Thomas Münster
Mit einer Mahnwache an der Münchner Freiheit, einer Kundgebung am Sendlinger Tor (16 Uhr), Musik, Tanz und einem Fackelzug durch die Innenstadt begehen die Münchner Kurden heute, Samstag, ihr traditionelles Newroz-Fest. Newroz, kalendarisch eigentlich erst am Sonntag fällig, steht für Frühlingsbeginn und ist zugleich der Neujahrstag des Jahres 2611 nach kurdischer Zählung. Im Vorfeld der Feiern, vor allem aber mit Blick auf die Konflikte und Gewaltakte, die nach der Inhaftierung des PKK-Chefs Abdullah Öcalan allenthalben in Deutschland aufgeflammt sind, hat sich die Stadtspitze mit Vertretern verschiedener kurdischer Vereinigungen unter Auschluß der Öffentlichkeit am runden Tisch zusammengesetzt, um die Situation der hiesigen Kurden auszuloten.  Beim Dialog der Stadt mit dem Kurden-Bündnis ging es besonders darum, so berichtete gestern Rudolf Brettmeister, Leiter der neuen „Stelle für interkulturelle Zusammenarbeit“, Strategien zu finden, „daß die nach wie vor äußerst spannungsgeladene und emotionalisierte Situation nicht völlig unkontrollierbar wird“. Er dankte ausdrücklich, daß speziell die hiesigen Kurden –rund 14 000 sollen es nach schwer nachprüfbaren Schätzungen sein – „einen sicherlich nicht hoch genug einzuschätzenden Beitrag zur Vermeidung von Ausschreitungen in München geleistet“ hätten.  Die Sicherheitsbehörden sehen das ähnlich: Bei einem Vorgespräch im Präsidium mit den Veranstaltern habe die Polizei eine klare Abgrenzung angekündigt zwischen verbotenen PKK-Aktivitäten und dem Anspruch, „berechtigte Anliegen der Kurden öffentlich vorzutragen“, berichtete Polizeioberrat Klaus Faltenbacher von der Einsatzabteilung. Die Veranstalter hätten zugesichert, alle Auflagen durchzusetzen. Weitere Themen am runden Tisch waren der schwierige Kontakt mit türkischen Verbänden, der Wunsch nach einem eigenen „Kurdenhaus“, die Veranstaltung eines Kulturfestivals, vor allem aber die Forderung nach kurdischen Dolmetschern und muttersprachlichem Ergänzungsunterricht.