taz Hamburg 19.3.99

Kurden abgeschoben
Trotz einer Eingabe der GAL schiebt Hamburg fünf Kurden in die Türkei ab

Die Innenbehörde hat gestern fünf Kurden aus Hamburg abgeschoben. Innensenator Hartmuth Wrocklage (SPD) beeilte sich zu betonen, daß es sich um „kurdische Straftäter“ handelte.  Keiner der Betroffenen habe geltend gemacht, für die kurdische Arbeiterpartei (PKK) aktiv gewesen zu sein. Keiner von ihnen sei bei den Protestaktionen gegen die Verhaftung von PKK-Chef Öcalan vor rund einem Monat festgenommen worden.
Daß sie politisch nie im Zusammenhang mit der PKK aufgetreten sind, will die Innenbehörde indes nur für vier der fünf Männer bestätigen. Über den Hintergrund des fünften Mannes sei in Hamburg nichts bekannt, räumte Innenbehördensprecher Christoph Holstein ein. Denn der sei in Mecklenburg-Vorpommern gemeldet gewesen, wo auch die Entscheidung über seine Abschiebung gefallen sei. Hamburg habe den Flug lediglich als „Amtshilfe“ organisiert.
Auffallend zahm äußerten sich die KritikerInnen von Abschiebungen in die Türkei. Noch in der Nacht hatte die GAL-Abgeordnete Susanne Uhl die Abschiebung mit einer Eingabe zu verhindern versucht. Die Innenbehörde berücksichtigte sie jedoch nicht, weil „darin keine Argumente enthalten waren, die nicht schon zuvor geprüft worden“ wären, sagte Hol-stein.
Somit gescheitert, gab Uhl in einer gestrigen Presseerklärung zunächst lediglich bekannt, sie könne „die Einschätzung“ der Innenbehörde „nicht teilen“, daß die Abschiebung der fünf Menschen „in allen Fällen unproblematisch“ sei. Erst auf Nachfrage fand sie klarere Worte: „Ich halte das für unverantwortlich.“ Auch Uhls Fraktionskollege Mahmut Erdem gab sich so defensiv wie selten zuvor: „In der gegenwärtigen Situation“ halte er Abschiebungen von Kurden allenfalls für „nicht angezeigt“.
Weiter gehen da die Hamburger Jusos. „Es geht nicht darum, ob jemand Straftäter ist oder nicht“, sagte ihr Geschäftsführer André Kret-zschmar. „Es geht um das Land Türkei, das die Menschenrechte mit Füßen tritt.“ Wer in Deutschland von einem Gericht verurteilt wurde, „soll hier bestraft werden und nicht in der Türkei“. Die Jusos fordern nach wie vor einen generellen Abschiebestopp. Sechs Kurden sitzen in Hamburg noch in Abschiebehaft.
Elke Spanner