Main Echo 11.3.99
Sachsens harte Linie ­ nicht nur gegen PKK-Anhänger
Ausweisungsverfügungen erlassen ­ Scharfes Polizeigesetz

DRESDEN. Sachsen will Härte zeigen. Als bisher einziges Bundesland hat der Freistaat zwei Ausweisungsverfügungen gegen Kurden erlassen, die sich in der Vorwoche an den gewaltsamen Protesten gegen die Festnahme von PKK-Führer Abdullah Öcalan beteiligt hatten. Sie waren bei der Besetzung des Generalkonsulats in Leipzig dabei. Innenminister Klaus Hardraht (CDU) beeilte sich, vor dem Landtag in dieser Woche die eingeschlagene harte Linie zu verkünden.
Noch ehe die Innenministerkonferenz von Bund und Ländern ­ derzeit unter Hardrahts Vorsitz ­ am Donnerstag die rechtlich komplizierte Abschiebungsproblematik behandelte, schien für den Minister alles klar: »Meiner Meinung nach gibt es hier kein Abschiebehindernis«.
Entschlossenes Durchgreifen hatte Sachsen schon bei der Besetzung des griechischen Konsulats in Leipzig gezeigt. Während bei Aktionen in manch anderem Bundesland die Polizei Besetzer zunächst gewähren ließ, schlug die Staatsmacht in Sachsen mit aller Härte zurück: Ein polizeiliches Sondereinsatzkommando stürmte das Diplomatengebäude und nahm die Besetzer fest. Gegen 73 Kurden wurden Haftbefehle erlassen, die Stadt Leipzig verhängte ein striktes Versammlungsverbot bis Ende März. Den etwa 350 in Sachsen lebenden Anhängern der PKK soll keine Möglichkeit zur Entfaltung weiterer Proteste gegeben werden.
Mit Signalen staatlicher Entschlossenheit wird in Sachsen traditionell nicht gegeizt. Die »Soko Rex« des Landeskriminalamts hat sich mit ihrem Kampf gegen den Rechtsextremismus weit über die Landesgrenzen hinaus Respekt verschafft. Manchmal sieht es so aus, als schieße der Staat über sein Ziel hinaus, wenn es gilt, die Speerspitze von »Law and Order« zu sein. So brachte Sachsen zwar eines der schärfsten Polizeigesetze der Republik auf den Weg. Das Landesverfassungsgericht setzte dem jedoch Grenzen, indem es Teile des Gesetzes über den Einsatz verdeckter Ermittler, Vorbeugehaft und den Lauschangriff wieder kassierte.
Umfragen zeigen, daß die harte Linie bei der Bevölkerung ankommt. Ein halbes Jahr vor den Landtagswahlen dürfte entschiedenes Vorgehen nicht nur gegen PKK-Leute der allein regierenden CDU nur nützen.
Bei seinem Betreben, straffällige Kurden möglichst rasch abzuschieben, stützt sich Sachsen auf den Briefwechsel des früheren Bundesinnenministers Manfred Kanther (CDU) mit der Türkei, in dem von türkischer Seite eine rechtsstaatliche Behandlung ausgewiesener Kurden zugesichert wird. Der Briefwechsel hatte zum Ziel, gewalttätige Kurden abschieben zu können, ohne daß sie in der Türkei von Folter oder gar der Todesstrafe bedroht sind. Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) will aber erst in nächster Zeit ausloten, wie tragfähig dieser Briefwechsel für eine Abschiebungsregelung ist.
Gespannt wird unterdessen nicht nur in Sachsen auf eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts gewartet. Das Gericht will am 9. und 16. März über die Frage verhandeln, in welchen Fällen PKK-Anhängern der besondere Abschiebeschutz wegen politischer Verfolgung zu versagen ist, weil sie eine Gefährdung der Sicherheit der Bundesrepublik darstellen.