Frankfurter Rundschau 11.3.99

Türkei bestätigt hohe Gefängnisstrafe für Deutsche
15 Jahre Haft wegen PKK-Mitgliedschaft / Berichte über Foltertod eines Kurden / Ankara verspricht Fairneß gegen Öcalan

ISTANBUL, 10. März (afp/epd/dpa). Der Oberste Gerichtshof in der Türkei hat am Mittwoch die 15jährige Haftstrafe gegen die Deutsche Eva Juhnke wegen Mitgliedschaft in der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) bestätigt. Das Gericht bezeichnete das Urteil vom September als rechtmäßig, wie die Nachrichtenagentur Anadolu berichtete. Die 35jährige Hamburgerin war von dem für politische Straftaten zuständigen Staatssicherheitsgericht in Van verurteilt worden. Sie ist die erste Deutsche, die in der Türkei wegen PKK-Zugehörigkeit ins Gefängnis muß. Das Auswärtige Amt in Bonn wollte sich nicht zu der Entscheidung äußern.
Juhnke war bei Gefechten im Herbst 1997 im Norden Iraks von einer mit Ankara verbündeten Kurdengruppe gefangengenommen und an die türkische Armee übergeben worden. Die Hamburgerin hatte sich im Prozeßverlauf zu den Zielen der PKK bekannt und vor allem einen eigenen Kurdenstaat im Südosten des Landes gefordert.
Göttinger Menschenrechtler, die sich in der Türkei aufhalten, berichteten von „massiver Repression“ gegen Kurden. So sei der Journalist und Gewerkschafter Süleyman Yeter im Polizeipräsidium von Istanbul „zu Tode gefoltert worden“, sagte der Sprecher der Delegation von Unterstützern des Göttinger Kirchenasyls, Reimar Heider. Nach Angaben türkischer Rechtsanwälte war Yeter Mitarbeiter der kritischen Zeitung Dayanisma Gazetesi. Nach seiner Festnahme am 5. März sei er zwei Tage später „während des Verhörs ums Leben gekommen“. Bei der Autopsie am 8. März seien im Gesicht, auf dem Bauch und dem Rücken des Leichnams zahlreiche Wunden und Blutergüsse festgestellt worden, heißt es in einer Erklärung der Anwälte.
Die aus sieben Personen bestehende Göttinger Unterstützergruppe war in der vergangenen Woche in die Türkei gereist, um sich über mögliche Gefahren für abgeschobene Asylbewerber zu informieren. Göttinger Kirchengemeinden gewähren zur Zeit zehn Kurden Schutz in der Kapelle der Katholischen Hochschulgemeinde.
Die Türkei wies Bedenken des Europäischen Gerichthofs für
Menschenrechte wegen des Prozesses gegen PKK-Chef Abdullah Öcalan vor einem türkischen Staatssicherheitsgericht als unbegründet zurück.  Öcalan werde in einem „Rechtsstaat“ ein fairer Prozeß „nach internationalen Standards“ gemacht, heißt es in einem Schreiben Ankaras an den Europäischen Gerichtshof. Öcalan könne jederzeit Anwälte und seine Familie empfangen, heißt es in der Antwort Ankaras.  Er sei gemäß türkischem Recht vor Folter und Mißhandlung geschützt, sitze in einer geräumigen und hellen Zelle, könne Bücher lesen und Radio hören.
Zuvor hatte ein Anwalt beklagt, er habe in den drei Wochen seit Öcalans Festnahme seinen Mandanten nur einmal gesehen - und das auch nur für 20 Minuten im Beisein maskierter Sicherheitskräfte.
Bei neuen Kämpfen im Südosten der Türkei wurden nach Behördenangaben vom Mittwoch elf PKK-Kämpfer und ein türkischer Soldat getötet. Acht PKK-Angehörige wurden demnach in einer Bergregion in der Provinz Tunceli und drei weitere bei Schußwechseln in den Provinzen Bingol und Diyarbakir getötet. Die PKK kämpft in der Region seit 1984 für einen eigenen Staat. In dem Konflikt starben seither etwa 31 000 Menschen.