taz . 11.3.1999

Demirel fordert Änderungen in türkischer Justiz
Staatschef reagiert auf Zweifel an den Staatssicherheitsgerichten.
Regierung meint dagegen: Öcalan werde gut behandelt und sei vor Folter geschützt.
Berichte über getöteten Journalisten

Ankara (AFP) - Vor dem Verfahren gegen PKK-Chef Abdullah Öcalan hat sich der türkische Staatschef Süleyman Demirel für eine Umstrukturierung des zuständigen Staatssicherheitsgerichts ausgesprochen. Die türkische Verfassung müsse entsprechend geändert werden, sagte Demirel gestern in Ankara, nachdem in Europa Zweifel an der Unabhängigkeit des Gerichtes laut geworden waren. Der europäische Menschenrechtsgerichtshof hatte vor allem kritisiert, daß dort neben zwei zivilen auch ein Militärrichter arbeite, der der Militärdisziplin unterstehe und daher nicht unabhängig sei. Demirel sagte, eine entsprechende Änderung bedeute keinen Ansehensverlust für den türkischen Staat.
Zugleich äußerte sich die Türkei in einem Schreiben an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg zu den ungeklärten Umständen der Festnahme von PKK-Führer Abdullah Öcalan und seinen Haftbedingungen. Demnach wurde Öcalan von kenianischen Sicherheitskräften gefaßt und auf dem Flughafen von Nairobi den türkischen Behörden übergeben. In dem Schreiben hieß es weiter, daß Öcalan im Gefängnis mit seiner Familie und seinen Anwälten zusammentreffen könne. Er befindet sich dem Schreiben zufolge in einer 13 Quadratmeter großen Zelle mit heißem und kaltem Wasser, habe Zugang zu einem Hof unter freiem Himmel sowie Lesestoff und ein Radio. Gemäß türkischem Recht sei er vor Folter und Mißhandlungen geschützt.
Weniger rechtsstaatlich zeigte sich die Türkei offenbar im Fall eines kurdischen Journalisten und Gewerkschafters.  Menschenrechtsorganisationen in der Türkei und Deutschland berichteten, Süleyman Yeter sei am 7. März im Polizeipräsidium Istanbul zu Tode gefoltert worden. Dies teilten Pro Asyl in Frankfurt und Göttinger Menschenrechtler unter Berufung auf den türkischen Menschenrechtsverein IHD und Istanbuler Rechtsanwälte gestern mit.