Neue Zürcher Zeitung , 11.02.1999

Athen kritisiert die westliche Balkanpolitik
Breitseite von Aussenminister Bangalos

H. G. Bodgorica, 10. Februar
Der griechische Aussenminister Theodor Bangalos hat Mittwoch nachmittag von Montenegro aus schwere Einwände gegen die Kosovo- Verhandlungen in Rambouillet und die amerikanische Balkanpolitik im allgemeinen vorgebracht. Der Westen messe mit «zweierlei Mass», wenn er die Befreiungsarmee der Kosovo-Albaner UCK als legitime Vertreterin einer nationalen Minderheit an den Verhandlungstisch hole, hingegen den Freiheitskampf der Kurden mit ihrem Führer Öcalan als Terrorismus ausgrenzen und verfolgen will.
Bei seiner gemeinsamen Pressekonferenz mit dem montenegrinischen Präsidenten Milo Djukanovic kritisierte Bangalos auch die Ausladung Kroatiens von der Nato-Jubiläumskonferenz in Washington wegen angeblicher demokratischer und menschenrechtlicher Mängel: «Gegen die Teilnehmer Kasachstan, Usbekistan, Turkmenistan oder Kirgistan werden hingegen keine derartigen Bedenken angemeldet.»
Der Aussenminister von Griechenlands sozialistischer Regierung wies auch die an ihn gerichtete Forderung der amerikanischen Amtskollegin Madeleine Albright zurück, auf ein Treffen mit dem Präsidenten der bosnischen Serbenrepublik, Nikola Poplazen, zu verzichten. Allerdings scheiterte die Landung von Bangalos in Banja Luka an heftigen Schneestürmen, worauf der für seine Bonmots bekannte Minister etwas von der «Schlechtwetterhexe Albright» murmelte. Darauf lud er den radikalen Serbenführer nach Athen ein, um die verpatzte Begegnung nachzuholen. In die griechische Hauptstadt eingeladen wurde von ihm am Mittwoch vormittag in Belgrad auch der neue jugoslawische Vizepremier Vuk Draskovic. Der frühere Milosevic-Gegner hatte dort sein ganzes Charisma aufgeboten, um die bekannten serbischen Positionen vor seiner Abreise nach Paris ins beste Licht zu rücken.