Stuttgarter Zeitung 02.02.1999

Den Haag verweigert Öcalan die Einreise
Anhänger warten vergebens - Athen dementiert
Landung des PKK-Führers in Griechenland

DEN HAAG/ATHEN (dpa/öhl). Der Aufenthaltsort des kurdischen Separatistenführers Abdullah Öcalan bleibt weiter rätselhaft. Die niederländischen Behörden verhinderten einen Versuch des Kurdenführers, auf dem Luftweg einzureisen.
Zwei Wochen nach seinem Abflug aus Italien wollte Öcalan am Sonntag abend mit einem Privatflugzeug auf dem Flughafen von Rotterdam landen. Am Montag bezeichnete Justizminister Benk Korthals den Führer der Kurdischen Arbeiterpartei (PKK) als in den Niederlanden unerwünschten Ausländer. In Athen wurde am Montag offiziell dementiert, daß Öcalan gelandet sei, wie griechische Privatsender vermutet hatten.
In Rotterdam waren zunächst ¸¸luftfahrttechnische Gründe’’ angegeben worden, um das Landeverbot für Öcalan zu erklären. Sein Flug sei nicht angemeldet gewesen. Etwa 200 Türken hatten vergeblich auf dem Flugplatz seine Ankunft erwartet. Öcalans Anwältin Britta Böhler sagte, sie wisse nicht, woher ihr Mandant komme oder wo er jetzt hinreise.  Sie vermute aber, daß er nach Griechenland ausweichen wolle.
In den Niederlanden habe Öcalan das Internationale Schiedsgericht, den Permanent Court of Arbitration (PCA), zur Vermittlung zwischen der türkischen Regierung und dem kurdischen Volk anrufen wollen. Im Gegensatz zum Internationalen Gerichtshof kann diese seit 100 Jahren bestehende älteste Institution zur Regelung internationaler Konflikte nicht nur von Staaten angerufen werden. Allerdings müssen beide an einem Konflikt beteiligten Parteien damit einverstanden sein.
¸¸Wir glauben nicht, daß es nützlich oder angebracht wäre, wenn Öcalan nach Griechenland käme’’, wies der griechische Regierungssprecher Vermutungen der Medien, der PKK-Führer könnte sich in Griechenland niederlassen, zurück. Athen sei nicht daran interessiert, die ohnehin schwierigen Beziehungen zur Türkei durch die Kurdenfrage zu belasten. Am Sonntag hatte der türkische Ministerpräsident Bülent Ecevit nach einem Bericht des Staatsfernsehens in Ankara erklärt, daß Öcalan möglicherweise noch in Italien sei.  Italienische Regierungskreise wiesen diese Vermutungen noch am Sonntag zurück. Öcalan werde es auch nicht mehr erlaubt, nach Italien zurückzukehren, verlautete in Rom.
Er hatte im November in Italien um politisches Asyl ersucht.  Die italienischen Behörden sollen den PKK-Chef mit dem Flugzeug außer Landes gebracht haben. Wohin er ausgeflogen wurde, wurde nicht mitgeteilt. Mehrfach hieß es, Öcalan sei in Rußland oder in einem anderen osteuropäischen Land. Auch vom Nahen Osten, Südafrika, Libyen und dem Sudan war die Rede. Die Türkei fordert seine Auslieferung unter dem Vorwurf terroristischer Straftaten. Weil ihm dafür die Todesstrafe droht, lehnte Rom ab. Die deutsche Justiz, die Abdullah Öcalan wegen Mordverdachtes suchte, hat auf eine Auslieferung verzichtet.