Süddeutsche Zeitung, 29.12.2000

Bomben als Wahlkampf-Munition

Dass Israels Premierminister Ehud Barak am Donnerstag nicht zum tête-à-tête mit Palästinenserpräsident Jassir Arafat nach Ägypten geflogen ist, bedeutet nicht das Ende einer zaghaften Annäherung. Auch hier gilt: Aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Denn Arafat will nur Klarheit über den Friedensplan von US-Präsident Bill Clinton, den manche Palästinenser als zu vagen "Fast-food-Vorschlag" abtun. Ein Treffen wäre aber nur sinnvoll gewesen, wenn Palästinenser wie Israelis die Vorschläge als Basis für Verhandlungen akzeptiert hätten.

Auch die Ankündigung Baraks nach den Anschlägen vom Donnerstag, er werde mit Präsident Hosni Mubarak nur telefonieren und dennoch auf dem Friedenspfad bleiben, kann in diesem Fall wörtlich genommen werden. Hielte der Premier jetzt inne, käme dies einem Sieg der radikal-islamischen Hamas gleich, die mit Terror die Diplomatie einzufrieren sucht - und die Israel von der Landkarte eliminieren und nicht als Partner begreifen möchte.

Die Bomben von Tel Aviv und Sufa erschüttern vor allem Baraks innenpolitische Taktik. Er will wiedergewählt werden bei der überflüssigen Wahl im Februar, und dafür braucht er einen Friedensvertrag. Doch jede Bombe hilft Herausforderer Ariel Scharon - weil selbst den besonders links stehenden Israelis das Bemühen um Frieden zu bunt werden könnte. Jetzt ist Barak schon zur Aufgabe des Tempelbergs bereit, wird das Volk in den kommenden Tagen murren, und trotzdem bomben die Palästinenser weiter. 1996 hat die selbe Stimmung und eine ähnliche Reihe von Anschlägen den Hardliner und Friedensverhinderer Benjamin Netanjahu ins Büro des Premierministers gebracht.