reuters, 27 Dez 2000 16:22

Türkischer Ausschuss verteidigt Gefängnis-Erstürmung

Istanbul (Reuters) - Der Menschenrechtsausschuss des türkischen Parlaments hat die blutige Polizei-Aktion gegen revoltierende Häftlinge verteidigt. Es habe beim Sturm der Gefängnisse keine Menschenrechtsverletzungen gegeben, sagte der Ausschuss-Vorsitzende Huseyin Akgul von der rechtsgerichteten Partei der Nationalen Bewegung (MHP) am Mittwoch. Bei der Erstürmung von 20 türkischen Gefängnissen in der Vorweihnachtszeit waren 30 Personen getötet worden. Akgul nannte das Vorgehen der Polizei gegen die vielfach im Hungerstreik befindlichen Häftlinge gerechtfertigt und widersprach damit türkischen und internationalen Menschenrechtsorganisationen, die von brutalem Vorgehen der Polizei gesprochen hatten.

Die Nachrichtenagentur Anatolien berichtete am Mittwoch, ein weiterer linksgerichteter Häftling sei seinen Brandverletzungen im Krankenhaus von Adana in der Südtürkei erlegen. Unter den Toten sind nach offiziellen Angaben auch zwei Polizisten. Die Mehrzahl der 28 gestorbenen Häftlinge habe sich selbst angezündet. Die Häftlinge in den 20 Gefängnissen hatten teilweise mit einem Hungerstreik gegen die Verlegung aus großen Gemeinschafts-Schlafräumen in kleine Zellen protestiert.

Die türkische Polizei hatte daraufhin am Dienstag vergangener Woche die Gefängnisse gestürmt und war gegen Häftlinge vorgegangen, die sich mit Brandsätzen verteidigten.

Die Häftlinge befürchten bei der Verlegung in kleine Zellen Übergriffe und Folter des Wachpersonals. Die Regierung begründet die Gefängnis-Reform damit, dass in den Gemeinschaftszellen Mafia-Banden und politische Gruppen die Kontrolle übernommen hätten. Die Europäische Kommission und die Bundesregierung hatten sich besorgt über die Gewalt geäußert. Die türkischen Menschenrechtsstandards gelten als ein Haupthindernis für den von der Türkei angestrebten Beitritt zur Europäischen Union.