taz 28.12.2000

Keine Arbeit für Asylbewerber

Seit Mitte Dezember dürfen Asylbewerber in Deutschland arbeiten. Doch nicht mal zu Billigjobs haben sie Zugang. Ausschlusslisten und Vorrangprüfung sollen die Deutschen vor Verdrängung durch 85.000 Flüchtlinge schützen

von RALF GEISSLER

Personalprobleme gehören zu den Lieblingsthemen von Krefimer Covec. Der Kroate betreibt ein kleines Hotel mit Restaurant in Dortmund. Vor drei Jahren hat er eine Küchenhilfe gesucht, und mehrere Flüchtlinge haben gefragt, ob er sie einstellt. "Aber ich musste alle wieder wegschicken, weil es das Arbeitsverbot für Asylbewerber gab", klagt Covec.

Seit dem 15. Dezember ist das Arbeitsverbot aufgehoben. Covec findet das gut, aber richtig zufrieden ist er nicht. Die Bundesregierung hat daran festgehalten, dass einem Flüchtling nur dann eine Arbeitserlaubnis erteilt wird, wenn es keinen geeigneten Deutschen für die Stelle gibt. Und Deutsche finden sich für unqualifizierte Jobs im Grunde immer - zumindest auf dem Papier. Covec befürchtet Prozeduren, die er von früher kennt: "Das Arbeitsamt schickt zehn Deutsche, die eigentlich nicht wollen." Im schlimmsten Fall bliebe die Stelle unbesetzt. Solche Befürchtungen hat auch Isabel Basterra vom Vorstand des Deutschen Gewerkschaftsbundes. "Trotzdem finden wir die Vorrangprüfung sinnvoll." Denn es dürfe keine Verdrängung inländischer Arbeitskräfte durch Asylbewerber geben.

"Sechs Bundesländer haben einige Berufe für Flüchtlinge generell verboten", bedauert der Dortmunder Migrationsforscher Harald Rüßler. In Nordrhein-Westfalen stehen 54 Tätigkeiten auf der Negativliste. So dürfen Flüchtlinge keine Raumpfleger werden. Auch eine Arbeit als Gartenarbeiter, Warenpacker oder Hauswirtschaftshelfer ist ihnen untersagt, weil es genügend Deutsche für diese Jobs gebe. "Natürlich kann es trotzdem sein, dass die ein oder andere Stelle unbesetzt bleibt", gibt der Pressesprecher des Landesarbeitsamtes, Werner Marquis, zu. "Aber dann muss man auch prüfen, zu welchen Bedingungen dort gearbeitet werden soll."

Im Landesarbeitsamt Berlin-Brandenburg ist die Richtung auch ohne Negativlisten schon klar. "Mehr als 44 Prozent der Arbeitslosen in Berlin sind ohne Ausbildung", sagt Pressesprecher Klaus Pohl. Im Bereich der Niedrigqualifizierten müsse man daher sehr genau prüfen, ob die Einstellung eines Asylbewerbers in Frage kommt. Georg Classen vom Berliner Flüchtlingsrat glaubt, dass wegen der Vorrangprüfung in der Hauptstadt nur ein Prozent der Asylbewerber eine Arbeit finden werden.

Bernd Mesovic von Pro Asyl stört, dass es in der Debatte immer um Billigjobs geht. "Man darf sich unter Flüchtlingen nicht immer die schlecht Qualifizierten vorstellen." Migrationsforscher Harald Rüßler sieht das genauso. "Asylbewerber sind oft hoch gebildet. Viele werden in Deutschland weit unter ihrer Qualifizierung arbeiten." Schuld sei die verbreitete Vorstellung, ein Flüchtling müsse ganz unten anfangen. Da, wo Asylbewerber vor dem Arbeitsverbot von 1997 in qualifizierte Berufe gekommen seien, haben sie sich nach Einschätzung von Harald Rüßler gut bewährt. "Heute protestieren die Unternehmer, wenn ihren bosnischen Fachkräften Abschiebung droht." In Rheinland-Pfalz hat sich Innenminister Walter Zuber (SPD) solcher Klagen angenommen. Er hat die Ausländerämter angewiesen, bis zur Innenministerkonferenz im Mai 2001 keine Ausländer mehr abzuschieben, die in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis stehen. Angesichts solcher Erfahrungen fordert Harald Rüßler, auf die Vorrangprüfung nach drei Jahren Aufenthalt eines Asylbewerbers zu verzichten. "Zur besseren Integration muss sich dann jeder für jede Stelle bewerben dürfen." Sonst sei die Hoffnung, achtzig Prozent der Flüchtlinge in einen Job zu kriegen, utopisch.