Die Presse (Wien), 27.12.2000

Moskaus Armee greift Iran unter die Arme

Rußlands Verteidigungsminister Igor Sergejew traf zu einem Besuch in Teheran ein - zum Verdruß der USA.

Von unserer Korrespondentin ELKE WINDISCH

MOSKAU. Wenn sich russische Politiker unmittelbar vor Jahresende zu einer Dienstreise ins Ausland aufraffen, müssen triftige Gründe vorliegen. Verteidigungsminister Igor Sergejew hat für seinen Iran-Besuch gleich zwei: die Wiederaufnahme der militärischen Kooperation und die Vorbereitung eines russisch-iranischen Gipfels. Am Dienstag traf Sergejew in Teheran ein.

Bis Mitte der Neunziger gehörte das Mullah-Regime zu den besten Kunden russischer Rüstungsfabrikanten. Russische Experten behaupten, allein zwischen 1990 und 1994 habe Teheran in Moskau Kriegstechnik für rund vier Milliarden US-Dollar gekauft. Der Umfang der neuen Vereinbarungen, die Sergejew jetzt mit den Iranern abschließen will, beläuft sich nach Vorschlägen der russischen Seite auf über zwei Milliarden Dollar. Bei der Wiederaufnahme der auf Druck der USA 1995 offiziell eingestellten Waffenlieferungen dürften beide Seiten in erster Linie offene Positionen aus alten Abkommen abarbeiten. Diese sehen unter anderem die Lieferung eines U-Boots, 80 Panzer des Typs T-72 und 600 Panzerfahrzeuge vor.

Neue Kaufwünsche

Dazu kommen Kampfflugzeuge der Typen Mig-29 und SU-29, Raketenwerfer des Typs S-200 und die Lizenzproduktion von Panzern des Typs T-72 im Iran. Außerdem hatte sich Rußland beim Abschluß der Verträge verpflichtet, Teherans Armee bis 2011 mit Ersatzteilen zu beliefern. Darüber hinaus hat der Iran schon weitere Kaufwünsche angemeldet: Granatwerfer der Typen S-300 und "Igla", Kampfjets Su-25 und Kampfhubschrauber Mi-17. Auf Embargo-Drohungen aus den USA reagierte Rußlands Außenminister Igor Iwanow betont kühl: Mit Rußland könne man nicht "die Sprache der Sanktionen" sprechen. Washington hält den Russen die jüngsten Erfolge des Irans bei der Modernisierung seiner Streitkräfte vor, an denen Rußland möglicherweise entscheidenden Anteil hat. Im vergangenen August gingen der erste iranische Flugzeugträger und mehrere kleine U-Boote aus eigener Produktion in Betrieb. Angeblich soll auch die Erprobung eines iranischen Tarnkappenjägers erfolgreich verlaufen sein. Die USA behaupten, in fünf Jahren würde der Iran seine erste Atombombe und weitreichende Trägerraketen haben - dank Moskaus, wo man eine Mithilfe nicht in Bausch und Bogen leugnet. Möglich, hieß es im Atomministerium, daß im Iran russische Atomwaffenspezialisten arbeiten. Allerdings "ohne Sanktus des Staates."