Yeni Gündem, 25.12.2000

Karayilan: Türkei hat sich überhaupt nicht verändert

Murat Karayilan, Mitglied des Präsidialrates der PKK, nahm gestern per Telefon an der Sendung "Rews" bei Medya-TV teil. Er führte aus, dass der Einmarsch der türkischen Armee in den Süden kein aussergewöhnliches Ereignis sei und es einen internationalen Plan gebe. Die Vorbereitungen für den Plan seien schon vor langer Zeit getroffen worden. Mit diesem Plan werde der internationale Komplott fortgesetzt. Als Beweis dafür gelte die Tatsache, dass keine internationale Macht auf das Vorhandensein der türkischen Armee in dem Gebiet reagiere. Das Ziel des Planes sei die Demoralisierung der kurdischen Nationalbewegung, und zu diesem Zwecke vor allem die Vernichtung der PKK. Weiter sagte Karayilan: "PKK bedeutet für das Volk Moral. Die Schwächung der PKK kommt der Demoralisierung der kurdischen Bewegung gleich. Wenn die PKK aus der Gegend verschwindet, gibt es noch PUK und KDP. Die Türkei möchte (...) im Soran Gebiet einen Korridor eröffnen. KDP wird dagegen angehen, und dieses Mal werden KDP und PUK aufeinander gehetzt und die Vernichtung der kurdischen Bewegungen gesichert werden." (...) Karayilan, der während des Gesprächs wiederholt auf die Ernsthaftigkeit der Lage hinwies, sagte weiter: "Es handelt sich um eine neue Periode, die Schritt für Schritt deutlich wird. Wenn der Krieg diesmal beginnt, wird er nicht wieder zu stoppen sein, er wird umfassend sein. Wenn in den kommenden drei bis vier Tagen keine Lösung gefunden wird, kommt niemand mehr am Krieg vorbei."
Die Angriffe des Staates auf die Gefängnisse in der Türkei wertete Karayilan als einen Ausdruck der Ausweglosigkeit. Die inneren Widersprüche in der Türkei seien sehr gross und würden in verschiedenen Formen zum Ausdruck kommen. (...) Karayilan erklärte, er habe erwartet, dass die Probleme in der Türkei gelöst werden würden, das grösste Hindernis einer Lösung sei jedoch die alte Mentalität. "Bei dem Grad, den die Türkei erreicht hatte, hätten die letzten Entwicklungen nicht passieren dürfen. (...) Es ist deutlich geworden, dass die Türkei sich überhaupt nicht verändert hat." Als grösstes Problem der Türkei wertete Karayilan die Demokratisierung. Die Regierung sei weit entfernt davon, diese zu verwirklichen und die demokratischen Kräfte nach wie vor in schwacher Position. (...)