Der Tagesspiegel, 23.12.2000

"Goldenes Jahr"

Tourismus in der Türkei sieht sich im Aufwind

Claudia Steiner

Nach deutlichem Zuwachs in diesem Jahr erwartet die türkische Tourismusbranche auch 2001 ein "goldenes Jahr". Tourismusministerium und Verbände schätzen, dass im kommenden Jahr rund zwölf Millionen Urlauber in die Türkei kommen werden. Vor allem der schwache Euro und die hohen Benzin- und Ölpreise werden sich nach Ansicht von Experten positiv auf die Branche auswirken. Nach Angaben der Türkischen Reiseagenturvereinigung (TÜRSAB) habe dies dazu geführt, dass große Reiseveranstalter in Deutschland und Großbritannien ihr Fernreiseprogramm zurückgefahren haben und 2001 verstärkt nähere Ziele wie die Türkei im Programm haben werden.

Bereits das zu Ende gehende Jahr 2000 ist für die türkische Tourismusbranche nach dem "Katastrophenjahr" 1999 wieder sehr positiv verlaufen. 1999 hatten die Festnahme des Chefs der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), Abdullah Öcalan, und die beiden verheerenden Erdbeben mit insgesamt mehr als 18 000 Toten im Nordwesten des Landes viele Urlauber verschreckt. Damals hatten zahlreiche Hotels an der Südküste wegen des Besuchermangels gar nicht erst geöffnet, zahlreiche Anlagen gingen pleite, Strände waren leer. Nach 9,7 Millionen Besuchern im Jahr 1998 waren im Jahr darauf nur noch knapp 7,5 Millionen Touristen in die Türkei gekommen.

Doch in diesem Jahr lacht die Branche wieder: Bis zum Jahresende werden schätzungsweise zehn Millionen Touristen erwartet. Von Januar bis Oktober sind bereits knapp 9,4 Millionen Sonnenanbeter gekommen, davon allein 2,5 Millionen Urlauber aus Deutschland. Die Auslastung der Hotels und Ferienanlagen an der Südküste lag zeitweise bei 80 bis 90 Prozent. In der Hochsaison waren vor allem exklusive Ferienanlagen und Fünf-Sterne-Hotels gefragt. Doch die Türkei will künftig nicht nur auf Sonne, Strand und Meer setzen, sondern auch andere Tourismusbereiche ausbauen und bekannt machen.

So soll unter anderem der "Glaubenstourismus" weiter angekurbelt werden. Die Türkei möchte unter anderem Christen beispielsweise zu einem Besuch von Ephesus an der Ägäisküste ermuntern, wo Reste der nach dem Apostel benannten Johanneskirche stehen. In Kappadokien finden sich unterirdische Städte, die von Christen gebaut wurden.

In der Schwarzmeer-Region, die landschaftlich an die Schweiz oder die bayerische Alpenregion erinnert, soll der Alm- und Hütten-Tourismus belebt werden. Doch diese Ansätze stecken noch in den Kinderschuhen: Bisher fahren kaum ausländische Gäste auf die einfachen Hütten, sondern vor allem türkische Urlauber, die der Hektik der Millionenstädte entfliehen wollen. Außerdem sollen alte Karawansereien entlang der historischen Seidenstraße restauriert werden.

Auch als Wintersport-Reiseziel will sich die Türkei einen Namen machen: Neben dem Uludag bei Bursa sollen die Ski-Möglichkeiten unter anderem in Palandöken im ostanatolischen Erzurum ausgebaut werden. Der gut 2500 Meter hohe Uludag ist das beliebteste Wintersportzentrum des Landes. Es gibt dort Lifts und Sporthotels. Außerdem sieht die Türkei Potenzial bei "Fun"-Sportarten wie Rafting.

Insgesamt blickt die Branche wieder optimistisch in die Zukunft: Studien zufolge wird die Türkei auch in den kommenden Jahren deutliche Zuwächse verzeichnen und im Jahr 2020 rund 27 Millionen ausländische Touristen haben.