Die Welt 21.12.2000

Türken besetzten Hamburger GAL-Zentrale

Grüne spielten Protestaktion als "Besuch" herunter - Nach drei Stunden beendet

Zum zweiten Mal innerhalb weniger Tage haben Sympathisanten politischer Gefangener in der Türkei Räume in der Hamburger Innenstadt besetzt. Dieses Mal drangen sieben Demonstranten friedlich in die Parteizentrale der Grünen in der Curienstraße ein. Nach ihrer Darstellung geht die türkische Polizei derzeit mit brutaler Gewalt gegen Gefangene vor, die sich mit einem Hungerstreik gegen die Einführung von Isolationshaft in türkischen Gefängnissen wehren. Nach drei Stunden beendeten die Türken die Aktion.
Die Grünen wollten offiziell nur von einem "Besuch" sprechen. Außerdem sei alles getan worden, um eine Eskalation der Situation wie bei der Besetzung der Justizbehörde in der vergangenen Woche zu vermeiden, sagte die GAL-Bürgerschaftsabgeordnete Christa Goetsch. Auf Bitten der Besetzer sei ein Brief an Bundesaußenminister Joschka Fischer verfasst worden. Darin wird der Politiker aufgefordert zu erklären, dass Deutschland "die Vorgehensweise der türkischen Sonderpolizei und des Militärs gegen hungerstreikende Gefangene in 20 türkischen Gefängnissen als schwerwiegende Verletzung der Menschenrechte verurteilt".
Am vergangenen Donnerstag waren bereits 45 Angehörige und Sympathisanten türkischer Inhaftierter in die Justizbehörde eingedrungen. Wie berichtet hatten einige Besetzer damit gedroht, sich anzuzünden, falls ihren Forderungen - unter anderem einem Gespräch mit Justizsenatorin Lore Maria Peschel-Gutzeit - nicht stattgegeben werden. Nach stundenlangen Verhandlungen zwischen den Besetzern und Staatsrat Peter Strenge sowie Amtsleiter Johannes Düwel wurde die Besetzung durch Kräfte des Mobilen Einsatzkommandos beendet.
Die Senatorin hatte zuvor bereits die Behörde verlassen. Wie sie am Dienstag gegenüber dem parlamentarischen Innenausschuss erklärte, folgte sie damit einer Empfehlung der Polizei und des Innensenators, durch ihre Abwesenheit zur "Deeskalation" beizutragen. Gegen die Besetzer, darunter auch neun Deutsche, wurden Verfahren wegen Hausfriedensbruchs, Landfriedensbruchs und Nötigung eingeleitet. os/IvM