Frankfurter Rundschau, 20.12.2000

Israel deutet Einlenken in der Souveränitätsfrage an

Neue Gespräche / Sicherheitsrat weist Palästinenser ab

Unmittelbar vor dem Beginn neuer Nahost-Gespräche in Washington hat Israel Zugeständnisse in der besonders umstrittenen Frage der Souveränität über den Tempelberg in Ost-Jerusalem angedeutet.

NEW YORK, 19. Dezember (ap/afp). Außenminister Schlomo Ben-Ami sprach sich am Dienstag vor seiner Abreise in die USA für eine Beschränkung der israelischen Souveränität über den Tempelberg auf eine Art religiöse Hoheit aus. Einwanderungsministerin Juli Tamir betonte im Rundfunk, um zu einer Einigung mit den Palästinensern zu kommen, müsse Israel "auf die eine oder andere Art" auf seine Hoheit über die für Juden und Moslems gleichermaßen heiligen Stätten verzichten.

Die USA erhoffen sich nach den Angaben von US-Außenamtssprecher Philip Reeker von den Gesprächen einen entscheidenden Impuls zur Wiederaufnahme der seit drei Monaten auf Eis liegenden Friedensgespräche. Die palästinensische Delegation wird von Kultur- und Informationsminister Yassir Abed Rabbo und Chefunterhändler Sajeb Erakat angeführt, Ben-Ami leitet die israelische Delegation.

Die palästinensische Forderung nach Entsendung einer internationalen Beobachtertruppe in die Autonomiegebiete ist am Montagabend (Ortszeit) im UN-Sicherheitsrat gescheitert. Sie verfehlte in der Abstimmung knapp die erforderlichen neun Ja-Stimmen, weshalb die USA den Schritt nicht mit ihrem Veto blockieren mussten. Gleichzeitig deutete Israel an, dass es den Palästinensern in der umstrittenen Jerusalem-Frage entgegen kommen könnte. Die Palästinenser hatten schon vor der Abstimmung gewusst, dass ihre Initiative scheitern würde. Einen Vorschlag, die Resolution zu einer nicht bindenden Presseerklärung herabzustufen, lehnten sie aber ab. Bangladesch, China, Jamaika, Malaysia, Mali, Namibia, Tunesien und die Ukraine unterstützten die Resolution. Frankreich, Großbritannien, die Niederlande, Russland, Kanada, Argentinien und die USA enthielten sich.

Der russische Botschafter Sergei Lawrow sagte, die Beobachtergruppe dürfe nur mir Zustimmung Israels entsandt werden. Dafür werde sich Russland weiterhin einsetzen. Israels UN-Botschafter Jehuda Lancri warf den Palästinensern vor, Israel die Schuld an den derzeitigen blutigen Unruhen zuschieben zu wollen. Bei den Kämpfen zwischen Israelis und Palästinensern wurden seit Ende September mehr als 330 Menschen getötet, die allermeisten Opfer sind Palästinenser.