Kurier (A), 19.12.2000

Herbe Kritik nach Tod eines Flüchtlingskindes

Klagenfurt -Der Tod eines sieben Monate alten Flüchtlingskindes in Kärnten löste eine Welle von politischen Reaktionen zur Flüchtlingspolitik los. Im Mittelpunkt stehen Kritiken an Innenminister Ernst Strasser (V) und Landeshauptmann Jörg Haider (F). Das Baby, dessen Eltern bis Oktober als Kosovo-Flüchtlinge in Bundesbetreuung gewesen waren, ist an den Folgen einer Lungenblutung verstorben. Nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins "Format" war die Familie zwischen Klagenfurt und dem Flüchtlingslager Traiskirchen "hin- und hergeschoben" worden.

Entsetzt darüber zeigte sich SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Doris Bures. Der Säugling sei "das Opfer des Streits um die Zuständigkeit für Kosovoflüchtlinge zwischen Innenminister Strasser und dem Kärntner Landeshauptmann Haider geworden. Obwohl der angeborene Herzfehler des Babys ebenso amtsbekannt gewesen sei wie die schwere Gehbehinderung der Mutter, wäre die Familie "auf die denkbar menschenunwürdigste Weise zum politischen Spielball degradiert" worden. Bures fordert daher eine "lückenlose Aufklärung".

"Tödliche Flüchtlingspolitik"

Die Migrationssprecherin der Grünen, Terezija Stoisits, kritisiert die "tödliche Flüchtlingspolitik von Haider & Strasser" und fordert einen Rechtsanspruch auf Bundesbetreuung für Asylwerber sowie auf eine Aufenthaltsgewährung für Kosovo-Flüchtlinge. Während Haider dem Papst seine "provokante Aufwartung machte, lässt er im Doppelspiel mit dem Innenminister Flüchtlinge zwischen Kärnten und Traiskirchen hin- und herschieben, gemäß seiner Aussage 'Ich stelle dem Innenminister die Flüchtlinge vor die Tür'", sagte Stoisits. Der Tod von Samuel beweise einmal mehr den "tödlichen Zynismus" der österreichischen Flüchtlingspolitik.

Kritik kommt auch vom Kärntner SPÖ-Chef LHStv. Peter Ambrozy ("So kann man mit Menschen nicht umgehen"), von der Kärntner SPÖ-Frauenchefin Melitta Trunk ("Ich habe vor zwei Monaten an Strasser und Haider appelliert, bei dieser Familie Menschlichkeit walten zu lassen"), Grün-Landessprecher Michael Johann ("Ein Schlag ins Gesicht der Menschlichkeit") und der Österreichischen Volkshilfe ("Der tragische Tod ist die Spitze des Eisberges im Streit um die Zuständigkeit für Kosovo-Flüchtlinge zwischen Strasser und Haider").