web.de, 17.12.2000 15:51

Iranischer Dissident wegen Beleidigung festgenommen

Oppositioneller Journalist vorläufig freigelassen

Teheran (AP)

Ein führender iranischer Dissident ist am Sonntag unter dem Vorwurf der Beleidung des obersten Geistlichen Ayatollah Ali Chamenei festgenommen worden. Esatollah Sahabi, ein Mitglied der oppositionellen Freiheitsbewegung, sei auf Anordnung des Teheraner Revolutionsgerichts verhört und inhaftiert worden, erklärte Resa Alidschani, ein Redakteur der verbotenen Zeitschrift «Iran-e-Farda». Nach mehr als vier Monaten Haft wurde am Samstag unterdessen der oppositionelle Journalist Massud Behnud aus dem Gefängnis entlassen, wie dessen Anwälte mitteilten.

Sahabi war Herausgeber von «Iran-e-Farda», eine von 30 überwiegend reformorientierten Publikationen, die seit April verboten wurden. Sahabi wurde Alidschani zufolge vorgeworfen, Ayatollah Chamenei vor mehreren Tagen in einer Rede vor Studenten beleidigt zu haben. Sahabi war in diesem Jahr bereits drei Monate inhaftiert. Ihm wurde vorgeworfen, die nationale Sicherheit mit seiner Teilnahme an einer Konferenz der Heinrich-Böll-Stiftung im April in Berlin gefährdet zu haben.

Behnud kam gegen eine Kaution von umgerechnet rund 82.000 Mark frei. Er war Anfang August wegen einer Reihe von Vorwürfen verhaftet worden. Unter anderem wurden ihm enge Beziehungen zur ehemaligen Schah-Dynastie der Pahlewis zur Last gelegt, die 1979 von der Islamischen Revolution gestürzt wurde. Behnud hat mehrere Bücher über iranische Geschichte geschrieben und arbeitete seit 1964 als Journalist, meist für die inzwischen verbotene Zeitung «Asr-e-Asadegan».

Die vom konservativen Klerus beherrschte Justiz geht seit April verschärft gegen reformorientierte Medien vor. Mehr als zwei Dutzend Journalisten und politische Aktivisten wurden festgenommen. Behnuds vorläufige Entlassung aus dem Gefängnis bedeutet nicht, dass er freigesprochen wird. In Iran kommen Gefangene oftmals zunächst aus der Untersuchungshaft frei, bevor die Urteile verkündet werden.