web de 16.12.2000 16:41

Türkische Häftlinge wollen Hungerstreik fortsetzen

Mehrere Dutzend Gefangene sollen kurz vor dem Tod stehen

Ankara (AP) Nach 58 Tagen Hungerstreik stehen Dutzende der protestierenden türkischen Häftlinge am Rande des Todes, wie eine Unterstützergruppe der Gefangenen am Samstag mitteilte. «Bis zum Tod sind es nur noch wenige Stunden», hieß es in der Erklärung des Solidaritätskomitees. Zugleich wurde betont, dass die Hungerstreikenden bis zur Erfüllung ihrer Forderungen an der Protestaktion festhalten wollen. Die Gefangenen, überwiegend Angehörige linksgerichteter Gruppen, wehren sich gegen eine von der Regierung beabsichtige Verlegung von offenen Abteilungen in kleinere Zellen.

Die Gespräche zwischen den Häftlingen und der Regierung befinden sich in einer Sackgasse. Justizminister Hikmet Sami Türk hatte am Freitag erklärt, die Regierung könne der jüngsten Forderung der Häftlinge nach einer Zusammenlegung in Zellen zu 20 Gefangenen nicht nachkommen. «Dies zu akzeptieren würde bedeuten, die Gefängnisreform in der Türkei für immer aufzugeben», sagte er.

Insgesamt befinden sich laut Türk mehr als 1.000 Häftlinge im Hungerstreik. 249 Gefangene beteiligen sich am so genannten «Todesfasten», sie nehmen nur Wasser zu sich. Mehrere Vermittler, die sich für ein Ende des Hungerstreiks einsetzen, stellten ihre Bemühungen unterdessen ein. Vor zwölf Jahren waren zwölf Gefangene bei einem ähnlichen Streik verhungert.

Trotz des «Todesfastens» der Häftlinge besteht die Regierung darauf, die Häftlinge von offenen Abteilungen in kleinere Zellen zu verlegen. Die Gefangenen befürchten, damit Übergriffen von Aufsehern schutzlos ausgeliefert zu sein. Ein Staatssicherheitsgericht schränkte die Berichterstattung über den Hungerstreik am Donnerstag ein.