web de 15.12.2000 17:14

Gespräche mit türkischen Häftlingen in der Sackgasse

Gefangene setzen «Todesfasten» fort

Ankara (AP) Die Bemühungen um eine Ende des Hungerstreiks Hunderter türkischer Häftlinge sind nach Angaben von Justizminister Hikmet Sami Türk vom Freitag wegen inakzeptabler Forderungen der Gefangenen in eine Sackgasse geraten. Die Regierung könne der jüngsten Forderung der Häftlinge nach einer Zusammenlegung in Zellen zu 20 Gefangenen nicht nachkommen, sagte Türk. «Dies zu akzeptieren würde bedeuten, die Gefängnisreform in der Türkei für immer aufzugeben», erklärte er. Insgesamt beteiligen sich laut Türk 249 Häftlinge an dem so genannten «Todesfasten».

Mehrere Vermittler, die sich für ein Ende des seit 57 Tagen andauernden Hungerstreiks einsetzen, stellten ihre Bemühungen unterdessen ein. Eine Fortsetzung der Gespräche habe keinen Sinn, erklärte der Parlamentsabgeordnete Mehmet Bekaroglu nach einem Gespräche mit den Häftlingen am Freitagmorgen. «Wir können nichts mehr tun.» Nähere Angaben machte Bekaroglu, der Leiter der Unterhändlergruppe des Menschenrechtsausschusses im Parlament von Ankara, nicht. Staatsanwalt Ferzan Citici sagte, er glaube, die Gespräche seien über Fragen der Größe und Bauart der Zellen ins Stocken geraten.

Die Häftlinge haben bereits einen Vorschlag der Regierung zurückgewiesen, wonach die Verlegung von Gefangenen auf unbestimmte Zeit ausgesetzt werden sollte. Eine weitere Vermittlergruppe um den Schriftsteller Yasar Kemal gab ihre Bemühungen ebenfalls in dieser Woche auf. Ein Staatssicherheitsgericht schränkte die Berichterstattung über den Hungerstreik am Donnerstag ein.

Die Regierung besteht trotz des so genannten «Todesfastens» darauf, die Häftlinge von offenen Abteilungen in kleinere Zellen zu verlegen. Die Gefangenen, überwiegend Angehörige linksgerichteter Gruppen, fürchten, damit Übergriffen von Aufsehern schutzlos ausgeliefert zu sein. Von den Gefangenen im Hungerstreik befinden sich nach Angaben einer Menschenrechtsorganisation 20 in lebensbedrohlichem Zustand.