web de 15.12.2000 14:02

Menschenrechtsklage von PKK-Chef Öcalan in Straßburg zugelassen

Straßburg (dpa) - Der Fall des in der Türkei zum Tode verurteilen kurdischen Separatistenführers Abdullah Öcalan kommt vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Das Straßburger Gericht ließ die Klage des Vorsitzenden der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) am Freitag zu.

Die sieben Richter der Kleinen Kammer erklärten zwölf von 13 Punkten der Beschwerde Öcalans für zulässig. Gleichzeitig verwiesen sie den Fall wegen seiner Tragweite und politischen Brisanz an die aus 17 Richtern bestehende Große Kammer.

Der Zulässigkeit der Klage sagt noch nichts über deren juristische Bewertung aus. Nach Angaben eines Gerichtssprechers ist offen, ob die Straßburger Richter weitere Anhörungen ansetzen und wann mit einem Urteil zu rechnen ist.

Bei der Anhörung in Straßburg vor dreieinhalb Wochen hatten seine Anwälte unter anderem geltend gemacht, das Todesurteil gegen ihren Mandanten verstoße gegen die Europäische Menschenrechtskonvention. Außerdem habe die türkische Regierung mit der Verschleppung Öcalans aus Kenia und mit dem Prozess gegen das Recht auf Leben, auf Meinungsfreiheit, auf eine faire Gerichtsverhandlung sowie gegen das Verbot von Folter und Misshandlungen verstoßen.

Nicht zugelassen wurde die Beschwerde Öcalans, er sei überhaupt nicht über den Grund seiner Verhaftung und über die Anklage gegen ihn informiert worden.

Vertreter der türkischen Regierung hatten bei der Anhörung das Todesurteil als «legitim» im Kampf gegen den Terrorismus gerechtfertigt. Der Prozess gegen Öcalan sei fair gewesen, der PKK- Chef rechtmäßig verurteilt worden.

Der 52 Jahre alte Öcalan war im Sommer 1999 wegen Hochverrats und zahlreicher Morde zum Tode verurteilt worden. Der EU-Kandidat Türkei hatte jedoch zugesichert, vor einer endgültigen Entscheidung über eine Hinrichtung das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte abzuwarten. In der Türkei ist seit 1984 niemand mehr hingerichtet worden. Öcalan sitzt auf der Insel Imrali im Marmarameer in Einzelhaft.