Frankfurter Rundschau, 15.12.2000

Türkei blockiert EU-Pläne

Nato-Außenminister können Streit zunächst nicht beilegen

BRÜSSEL, 14. Dezember (afp). Die ehrgeizigen Militärpläne der EU haben einen Rückschlag erlitten. Der massive Widerstand der Türkei verhinderte beim Nato-Außenministertreffen am Donnerstag in Brüssel zunächst ein positives Signal für die künftige Zusammenarbeit zwischen den beiden Organisationen im Krisenfall. Im Bündnis gebe es "unterschiedliche Ansichten" über die EU-Pläne, räumte Nato-Generalsekretär George Robertson ein. "Das wird nicht an einem Tag gelöst", fügte er hinzu. Die Regierung in Ankara sperrt sich vor allem gegen den von der Union verlangten grundsätzlichen Zugriff auf Nato-Planungseinheiten.

Bundesaußenminister Joschka Fischer (Grüne) warnte, eine solche Blockade könne zum Aufbau eigener EU-Planungseinheiten führen. Dies wiederum wollen vor allem die USA unbedingt verhindern.

Ohne das Einverständnis der Nato können die von der EU in Nizza gefassten Beschlüsse nicht umgesetzt werden. Die 15 Unions-Staaten hatten festgelegt, dass die EU bei einem Einsatz grundsätzlich auf Planungseinheiten im militärischen Hauptquartier der Nato (Shape) zurückgreifen soll. Die türkische Regierung will diese Erlaubnis aber nur von Fall zu Fall geben und sich so die Kontrolle über EU-Einsätze sichern. Die Türkei ist Mitglied der Nato, nicht aber der Union.

Auch ein Gespräch, das die scheidende US-Außenministerin Madeleine Albright am Rande des Ministertreffens mit ihrem türkischen Kollegen Ismael Cem führte, konnte die Haltung Ankaras nicht aufweichen. Die Bemühungen um eine Einigung wurden nach einer Unterbrechung der Sitzung am Nachmittag fortgesetzt.

Robertson warnte nachdrücklich vor einer Verdoppelung der Planungsstrukturen beider Bündnisse. Hintergrund ist auch das anhaltende Misstrauen gegen die französische Haltung. Bislang hatte Paris stets auf größtmögliche Eigenständigkeit der EU-Militärpolitik gepocht.