Kölnische Rundschau, 14.12.2000

Wegen kurdischer Themen, Bildern von Unfallopfern und Beleidigungen

In der Türkei hagelt es immer wieder Sendeverbote

Von Claudia Steiner

Istanbul. (dpa) "Es regnet wieder Verbote", schrieben türkische Zeitungen vor wenigen Tagen. Zahlreiche Radio- und Fernsehsender des Landes erhielten Sendeverbote zwischen einem und 180 Tagen. Alle paar Wochen gibt die Oberste Aufsichtsbehörde für Radio und Fernsehen (RTÜK) ihre Beschlüsse bekannt und weist Radio-und Fernsehmacher in die Schranken. 1999 betrug die gesamte Dauer der Sendeverbote mehr als 2300 Tage. Von Januar bis Ende November dieses Jahres hat die Behörde nach Angaben von "Reporter ohne Grenzen" bereits Sendeverbote von mehr als 4000 Tagen erlassen.

Häufiger Grund für die Verbote sind separatistische Berichte - also Berichte, die sich unter anderem mit der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) oder der Kurdenfrage befassen. Dem Nachrichtensender "CNN Türk" hatte in diesem Jahr eine Diskussion über PKK-Chef Abdullah Öcalan Ärger eingebracht. Der Moderator hatte bei einer Diskussions-Sendung die Frage gestellt: "Könnte Öcalan vielleicht zu einem Mandela werden? Könnte der Punkt kommen, an dem man sagt, Öcalan soll frei sein?"

Doch nur ein Teil der von RTÜK erlassenen Sendeverbote werden wegen kurdischer Themen erlassen. Tatsächlich geben einige TV-Sender mit Bildern von blutigen Unfallopfern, persönlichen Beleidigungen oder Vorverurteilungen von Verdächtigen Anlass zur Kritik. Zahlreiche Sender werden von RTÜK verboten, weil sie gegen Moralvorstellung und den Kinderschutz verstoßen. So erhielt "Acik Radyo" dieses Jahr wegen einer "unmoralischen Charles-Bukowski-Geschichte" ein mehrtägiges Sendeverbot. Nachdem der Sender gegen die Entscheidung protestiert hatte, wurde die Radiostation Berichten zufolge ganz verboten.

Ein eintägiges Sendeverbot erhielt das Kinderprogramm "ATV" vor wenigen Tagen. Grund war die Ausstrahlung eines "Pokemon"-Films. Die Zeichentrickfilme seien schädlich für Kinder, meinte RTÜK und auch das türkische Gesundheitsministerium sieht die Filme als gefährlich an. Vor einigen Wochen war nämlich ein kleiner Junge aus dem siebten Stock eines Hauses gesprungen, weil er wie die Figuren in dem Zeichentrick-Film fliegen wollte. Der vier Jahre alte Junge aus der Südtürkei hatte sich ein Bein gebrochen.