Stuttgarter Zeitung, 13.12.2000

Gewalttätige Proteste in Ankara

ANKARA (dpa). Bei einer Demonstration für die hungerstreikenden Häftlinge ist es am Dienstag in Ankara zu schweren Zusammenstößen zwischen der Polizei und Demonstranten gekommen. Die Polizisten setzten Wasserwerfer gegen die Demonstranten ein. Einzelne Polizisten gaben Warnschüsse ab. Mehrere Menschen sollen verletzt worden sein.

Ein Ende des "Todesfastens" war noch nicht in Sicht. 203 Häftlinge in 18 Gefängnissen verweigern zum Teil seit 54 Tagen jede Nahrung. Der Gesundheitszustand von sechs Häftlingen ist nach Angaben von Gefangenen-Organisationen kritisch. Die Häftlinge fordern unter anderem, dass die neuen Gefängnisse mit einem Zellensystem nicht eröffnet und die Staatssicherheitsgerichte abgeschafft werden. Außerdem wollen sie die Abschaffung der Antiterrorgesetze.

Justizminister Hikmet Sami Türk hatte am Wochenende angekündigt, dass auf Grund der Hungerstreiks die geplante Gefängnisreform mit der Einführung eines Zellensystems verschoben wird. Ein weiteres Einlenken der Regierung sei derzeit nicht zu erwarten. Die Häftlinge befürchten, dass sie in den Zellen isoliert und Übergriffen von Aufsehern ausgesetzt sein könnten. Bisher leben bis zu 100 Häftlinge in großen Räumen. Immer wieder kommt es zu blutigen Revolten.