Frankfurter Rundschau, 13.12.2000

UN schmieden Pakt gegen grenzenloses Verbrechen

Konvention von Palermo peilt weltumspannendes Strafrecht an / Deutschland als Triebfeder

Von Roman Arens (Palermo)

Gegen die sich grenzenlos ausbreitende Organisierte Kriminalität soll künftig weltweit grenzüberschreitend zusammengearbeitet werden. Das sieht die UN-Konvention vor, derentwegen Vertreter von 180 Staaten nach Palermo gekommen sind.

Als Erster hat am Dienstag Österreichs Staatspräsident Klestil das Abkommen über die internationale Kooperation und Angleichung von Rechtsstandards unterzeichnet. Bis zum Freitag werden rund 120 Unterschriften erwartet.

Die Unterzeichner-Staaten verpflichten sich u. a., die Beteiligung an einer kriminellen Organisation, Geldwäsche und Korruption unter Strafe zu stellen sowie Tatwerkzeuge und unrechtmäßig erlangte Vermögenswerte einzuziehen.

Eine "Zivilisation frei von Gewalt" wünschte sich UN-Generalsekretär Kofi Annan bei der Eröffnung der Konferenz im Teatro Massimo der sizilianischen Metropole. Dieses prachtvolle, vor zwei Jahren wieder eröffnete Theater ist ein sichtbares Symbol für die Wiedergeburt der Stadt, die den Kampf gegen Mafia und Verfall schon verloren zu haben schien und dann mit großen Anstrengungen städtische Räume, Monumente und Bürgersinn zurückerobert hat. Stolz sprach Bürgermeister Leoluca Orlando vom "Modell Palermo": Früher habe seine Stadt nur die Krankheit exportiert, heute exportiere sie die Therapie für die Bekämpfung eines Übels, das mit seiner Ausbreitung in den großen internationalen Finanzmärkten noch stärker werde.

Bis heute seien die Kräfte gegen die Organisierte Kriminalität, die ihrerseits keine Zeit beim Ausnutzen der globalisierten Ökonomie und der raffiniertesten Technik verloren habe, "zerstreut und überholt" gewesen, urteilte Kofi Annan und fügte an, die Konvention von Palermo biete ein Mittel gegen ein "globales Problem". Von ähnlicher Zuversicht geprägt waren viele Beiträge am ersten Konferenztag.

Der deutsche Innenminister Otto Schily erwartet vom UN-Gipfel in Palermo wichtige Schritte nach vorn, besonders gegen Wirtschaftskriminalität und Geldwäsche. Seine für die Justiz zuständige Kabinettskollegin Hertha Däubler-Gmelin sieht die von der Konvention verlangten Straftatbestände im Recht Deutschlands und vieler europäischer Länder schon gewährleistet. Das gilt etwa auch für die Schweiz, die durch Bundesrätin Ruth Metzler, Chefin des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartments, bei der Konferenz vertreten war.

Einen "enormen Fortschritt" sieht Ministerin Däubler-Gmelin darin, dass durch die Konvention der Kreis der Länder mit hohen Standards in Recht und Strafverfolgung immer größer wird. Ganz klar werde die Richtung hin zu einem "weltumspannenden Strafrecht" eingeschlagen. Sie wies darauf hin, dass sich die deutsche Regierung ohnehin als "Triebfeder" für globale Zusammenarbeit verstehe.

Der Kampf gegen die Kriminalität werde leichter, freute sich Kofi Annans Vize Pino Arlacchi, Chef der Wiener UN-Behörde für Drogenkontrolle und Verbrechensverhütung, weil die Unterschiede zwischen den Staaten verschwänden, die die kriminellen Netzwerke für sich ausnutzten.