yahoo.com, 11.12.2000, 00:45 Uhr

Auch Netanjahu will sich Neuwahl stellen

Der zurückgetretene israelische Ministerpräsident Ehud Barak will bei den nun anstehenden Neuwahlen wieder für das Amt kandidieren. Baraks Amtsvorgänger, Benjamin Nentanjahu, beabsichtigt, für die Opposition anzutreten. Voraussetzung für eine Kandidatur Netanjahus ist allerdings, dass das israelische Parlament, die Knesset, zuvor aufgelöst wird.

Nach israelischem Recht müssen Direktwahlen für das Amt des Regierungschefs innerhalb von 60 Tagen nach einem Rücktritt stattfinden. Netanjahu hat jedoch das Problem, dass er kein Parlamentsabgeordneter ist, was die Voraussetzung für eine Bewerbung um das Ministerpräsidentenamt ist. Er hatte sein Mandat niedergelegt. Nun bleibt Nentanjahu nur die Hoffnung auf eine baldige Auflösung des Parlaments, um dann bei Neuwahlen in die Knesset gewählt zu werden.

Vor Journalisten in Jerusalem sagte Netanjahu, er sei "überzeugt, dass die Parlamentsabgeordneten dem Wunsch der Öffentlichkeit nachgeben" und die Knesset sofort auflösen werden. Er werde sich auch um das Amt des Likud-Vorsitzenden bemühen, das zurzeit der 72-jährige Ariel Scharon innehat.

Politische Beobachter glauben, Barak habe mit seinem Rücktritt seinen Kritikern eine Lehrstunde in Sachen Machterhalt erteilt. Umfragen in der Bevölkerung hatten Netanjahu deutlich vor Barak gesehen. Wird die Knesset jedoch nicht aufgelöst, kann Netanjahu nicht kandidieren und Barak hat gute Chancen, im Amt bestätigt zu werden. Wahrscheinlicher Gegenkandidat der Opposition dürfte dann der Chef der rechtsgerichteten Likud-Partei, Scharon, werden.

Barak hatte seine überraschende Entscheidung am Samstagabend im Fernsehen bekannt gegeben und damit politische Gegner und Freunde gleichermaßen schockiert. Bis zur Neuwahl, vermutlich Anfang Februar, bleibt Barak als Chef einer Übergangsregierung im Amt. Nur wenige Stunden nach seinem Rücktritt wurde er von der regierenden Arbeitspartei nahezu einstimmig als Kandidat für die Wahl bestätigt.

Unterdessen hat Barak angedeutet, dass der Friedensprozess mit den Palästinensern wegen der anstehenden Wahl zunächst auf Eis gelegt werden müsse. Palästinenserpräsident Jassir Arafat sagte in Gaza, die Demission Baraks und die anstehende Direktwahl werde den Friedensprozess "zweifellos beeinflussen ". Bis nach den Wahlen würden voraussichtlich keine Verhandlungen stattfinden.

Internationale Kommission untersucht Nahost-Unruhen

Eine internationale Kommission zur Untersuchung der Unruhen in den Palästinenser-Gebieten nimmt heute ihre Arbeit auf. Zunächst sind Treffen mit Barak und Arafat geplant. Die Kommission unter Leitung der USA soll die jüngsten Auseinandersetzungen zwischen Israelis und Palästinensern prüfen.