Frankfurter Rundschau, 5.12.2000

Europäische Union

Außenminister vereinbaren Vertragstext für Türkei

BRÜSSEL/BERLIN, 4. Dezember (rtr/me). Die Türkei ist auf dem Weg einer Annäherung an die EU einen Schritt vorangekommen. Die EU-Außenminister einigten sich am Montag nach Angaben des französischen Außenministers Hubert Védrine auf den Text eines Vertrags zur Beitrittspartnerschaft mit der Türkei. Details wurden zunächst nicht bekannt.

Die Hauptstreitpunkte vor dem EU-Gipfel in Nizza konnten von den Außenministern indes nicht entschärft werden. Die offenen Fragen könnten nur auf der Ebene der Staats- und Regierungschefs bei dem am Donnerstag beginnenden Gipfel gelöst werden, sagte Védrine.

Kanzlerberater Michael Steiner bekräftigte in Berlin, dass die Bevölkerungszahl aus deutscher Sicht die "einzige rationale Bezugsgröße" für die künftige Stimmengewichtung innerhalb der EU sei. Sie könne "nicht zu hundert Prozent" im Stimmenverhältnis widergespiegelt werden, aber vom Prinzip her gebe es kein besseres Kriterium. Niemand in Berlin wolle in Nizza eine "Machtverschiebung" innerhalb der EU erreichen, hieß es aus Regierungskreisen. Die Bundesregierung verstehe sich als "ruhige Kraft", die als "größtes Mitgliedsland" in Nizza auf einen Konsens abziele und dabei "die französische Ratspräsidentschaft rückhaltslos unterstützt". Solche Bekenntnisse wurden sowohl von Steiner als auch von Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye abgegeben.

Klar müsse mit Blick auf die Osterweiterung aber sein, dass die EU-Reform in Nizza abgehakt wird und nicht einzelne Themen verschoben werden, hieß es. Um das zu erreichen sei Berlin auch bereit, noch weitere Zugeständnisse bei der Liste der Themen zu machen, die in der EU künftig per Mehrheitsbeschluss und nicht mehr einstimmig entschieden werden sollen.