Frankfurter Rundschau, 1.12.2000

Palästinenser weisen Baraks Friedensvorstoß zurück

Israels Premier wollte in Abkommen Jerusalem-Frage ausklammern / Blockfreie Staaten dringen auf UN-Beobachter

Israels Ministerpräsident Ehud Barak hat ein Friedensabkommen mit den Palästinensern vorgeschlagen, das die strittige Jerusalem-Frage für bis zu drei Jahre ausklammert. Die Palästinenser wiesen den Plan umgehend zurück. Laut Umfragen schwindet die Popularität Baraks in Israel.

TEL AVIV, 30. November (rtr/dpa/ap). Barak sagte am Donnerstag in Tel Aviv, die Palästinenser würden einen eigenen Staat bekommen und die jüdischen Siedlungen in den Palästinensergebieten Israel zugeschrieben. Die jüdischen Siedlungen würden Teil Israels, "während wir den Palästinensern in Anerkennung eines palästinensischen Staates weitere zehn Prozent des Westjordanlandes zurückgeben." Neben dem Status von Jerusalem solle auch die Rückkehr palästinensischer Flüchtlinge erst zu einem späteren Zeitpunkt erörtert werden, sagte Barak. Eine Einigung sei in beiden Fragen gegenwärtig nicht zu erreichen. Der künftige Status von Jerusalem ist einer der Hauptstreitpunkte beim Friedensabkommen mit den Palästinensern. Während Israel darauf beharrt, dass die Stadt ungeteilte Hauptstadt des Landes bleibt, wollen die Palästinenser den arabischen Ostteil Jerusalems zur Hauptstadt ihres künftigen Staates erklären.

Ein Berater von Palästinenser-Präsident Yassir Arafat lehnte den Vorschlag ab. Jedes Abkommen müsse alle strittigen Punkte umfassen, auch die Jerusalem-Frage. Teil- oder Übergangslösungen würden nicht akzeptiert. Unterdessen kündigte Ägypten einen neuen Nahost-Gipfel in der nächsten Woche an. Israelische Medien berichteten, der Gipfel mit Barak und Arafat solle entweder in Kairo oder der jordanischen Hauptstadt Amman stattfinden.

Die fünf blockfreien Staaten im UN-Sicherheitsrat reichten trotz der Einwände Israels und der USA erstmals einen Resolutionsentwurf über die Entsendung von 2000 UN-Beobachtern in das Westjordanland und den Gaza-Streifen ein. Die USA, die als ständiges Mitglied im UN-Sicherheitsrat ein Veto-Recht haben, könnten den Einsatz verhindern. Die USA hatten bereits erklärt, sie würden der Entsendung nicht gegen den Willen Israels zustimmen, das den Einsatz ablehnt.

Nach einer Umfrage der Tageszeitung Jedioth Ahronot vom Donnerstag ist Baraks Popularität in Israel gesunken. Danach käme er bei Wahlen zum jetzigen Zeitpunkt auf nur 37 Prozent der Stimmen. Auf Baraks Vorgänger Benjamin Netanyahu, den ehemaligen Chef der Likud-Partei, würden 51 Prozent der Stimmen entfallen. Sollte Barak bei Neuwahlen gegen den jetzigen Likud-Chef Ariel Scharon antreten, würde er diesen knapp besiegen. Die Knesset, das israelische Parlament, hatte am Dienstag auf Antrag der Likud-Partei in der ersten von drei Lesungen für Neuwahlen gestimmt.