junge Welt, 01.12.2000

Das Sterben nach dem Krieg

Depleted-Uranium-Konferenz in Spanien zu Langzeitfolgen der Uran-Geschosse

Am 25./26. November fand in Gijon (Spanien) eine internationale Konferenz über Depleted Uranium (DU) statt. Dieses abgereicherte Uran wird von Rüstungskonzernen für die Produktion panzerbrechender Geschosse verwendet. Die Fachleute tauschten ihre Erkenntnisse über gesundheitliche, ökologische und juristische Aspekte der Verwendung der radioaktiven DU-Projektile aus.

Eingeladen hatte die spanische Organisation zur Aufhebung der Sanktionen gegen den Irak. Prominente Vertreter aus aller Welt wie Prof. Siegwart-Horst Günther, Hans von Sponeck, John Catalinotti (Italien), Elias Khouri (USA), George Galloway (House of Commens, Großbritannien), Rosalie Bertell vom Internationalen Institut für Allgemeine Gesundheit in Kanada und andere sprachen über die Gefährlichkeit, Depleted-Uranium-Waffen in Kriegsgebieten einzusetzen. Über eine Million Opfer im Irak im ersten und zweiten Golfkrieg hätten dies bewiesen. Noch heute sollen als Folge des Einsatzes dieser Waffen im Irak monatlich rund 6 000 Kinder sterben.

Vorgestellt wurden Fotos mißgebildeter Kinder ohne Augen, Nase, Arme oder Beine. Zwei aus dem Irak angereiste Professoren stellten Untersuchungen vor, die belegen, daß in Gebieten, die Luftangriffen ausgesetzt waren, Lungen- und Brustkrebs, Erkrankungen des Lymphsystems, Gehirnleiden und Leukämie gehäuft auftreten. So stiegen nach den Angriffen der Alliierten die Fälle von Unterleibskrebs in den Kriegsgebieten auf das Zehnfache.

Professor Günther, der bei Forschungen im Irak die Gefährlichkeit dieser Waffe als erster erkannt hatte und nachwies, daß die Projektile und freigesetzter Staub hochtoxisch sind und die Erbanlagen des Menschen auf Dauer schädigen, kam mit Kollegen zum Schluß, daß bei weiterem Einsatz von Depleted Uranium in Kriegen die Existenz der Menschheit bedroht sei.

Aus diesem Grunde forderten Carol H. Picou, Journalistin und US-Golfkriegsveteranin, Ray Briston, Golfkriegsveteran aus Großbritannien, der Jordanier Dr. Bassan E. Kakisch, die irakischen Professoren Dr. Monak und Dr. Akram die Ächtung dieser Waffe.

Dr. Catalinotti vom International Action Center New York hob hervor, daß sich DU von in der Natur vorkommendem Uran dadurch unterscheidet, daß es sowohl radioaktiv als auch toxisch ist. Das Pentagon hat DU-Geschosse weltweit getestet, so in Vieques (Puerto Rico), Okinawa (Japan), in Südkorea oder auch in Panama. Offiziell wurde DU erstmals während des Golfkriegs gegen Irak eingesetzt. So sollen 600 000 Pfund DU im Irak, in Kuwait und Saudi-Arabien verschossen worden sein.

Das Umweltinstitut der US-Armee mußte 1995 feststellen: »Wenn DU vom Körper aufgenommen wird, hat das bedeutende Konsequenzen. Das Risiko ist, daß DU im Körper sowohl chemisch als auch radiologisch aktiv wird. Personen, die sich in den Panzern oder daneben aufhalten, können schwere innere Krankheiten bekommen.«

Die als Golfkriegssyndrom bekanntgewordene Krankheit ruft, wie die auf der Konferenz anwesenden Golfkriegsveteranen am eigenen Leibe erfahren haben, einen Verlust des Gedächtnisses, chronische Krankheiten und Mißbildungen bei Kindern der Kriegsteilnehmer hervor. 60 bis 70 Prozent der Soldaten sollen davon betroffen sein. Trotz Kenntnis der Gefahren der DU-Munition aus dem Golfkrieg kam diese Munition auch in Bosnien und im NATO- Krieg gegen Jugoslawien zum Einsatz.

Wie berichtet wurde, sind inzwischen erste Fälle des von Professor Günther erkannten sogenannten Golfkriegssyndroms unter portugiesischen, italienischen und dänischen KFOR- Soldaten aufgetreten. Jetzt ist Günther, der jahrelang im Irak tätig war, selbst schwer an diesem Syndrom erkrankt, muß operiert werden. Da er nach seinem Rentenantritt in Deutschland nicht in die reguläre Krankenversicherung aufgenommen wurde, braucht er Unterstützung.

Brigitte Queck

* Spendenkonto: 6251013 »Mütter gegen den Krieg« e.V. Erfurt, Kennwort: Prof. Günther, BLZ 82020086, Geldinstitut: Hypovereinsbank Erfurt