Frankfurter Rundschau, 30.11.2000

Schröder steht zum Asylrecht

Scharfe Kontroverse in der Haushaltsdebatte des Bundestags

Von Richard Meng

Mit einem klaren Bekenntnis zur internationalen Ausrichtung Deutschlands und einer Absage an weitere Aufweichungen des Asylrechts hat Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) die Kontroverse mit CDU und CSU über die Ausländerpolitik gesucht. Er warnte die Union am Mittwoch im Bundestag außerdem vor "denunziatorischen Vaterlands-Debatten".

BERLIN, 29. November. Aus Unkenntnis oder "politischer Dreistigkeit" betreibe die CDU/CSU eine "Spaltung der Gesellschaft", sagte Schröder in der Generaldebatte über den Bundeshaushalt 2001. Die rot-grüne Koalition stehe demgegenüber dafür, dass "dieses Land mehr Internationalität und Modernität braucht". Der Kanzler schloss ein gegenseitiges Aufrechnen von Asyl- und Einwandererzahlen, wie es vor allem die CSU verlangt und auch Innenminister Otto Schily (SPD) mehrfach angedeutet hatte, ausdrücklich aus: "Unsere Vorstellungen von Selbstachtung gebieten es, dass wir Flüchtlingen unabhängig von der notwendigen Zuwanderung Zuflucht gewähren", sagte er.

Dabei gehe es auch darum, wie ernst die Deutschen es mit den zivilisatorischen Fortschritten seit dem Ende des Faschismus nähmen. Mit Anspielungen auf mangelnde Widerstandskraft der deutschen Konservativen gegen den Hitler-Faschismus brachte Schröder die Unionsabgeordneten in Rage. Nachdem die Union der SPD zuletzt immer wieder ein gestörtes Verhältnis zum Vaterland unterstellt hatten, konterte der Kanzler unter lautstarkem Beifall der SPD-Fraktion nun mit einer aus früheren Jahren bekannten Attacke: Zu "einem Zeitpunkt, als die deutschen Konservativen zuallererst den Verführungen der Nationalsozialisten erlegen sind", hätten die Sozialdemokraten gegen Hitler gekämpft und dafür viel persönliches Leid in Kauf genommen. Die SPD verbitte sich daher "Belehrungen dazu von den deutschen Konservativen". CDU/CSU-Fraktionschef Friedrich Merz sah die Union dadurch "in die Nähe des Nationalsozialismus gerückt" und betonte, die Union sei nicht mit den "deutschen Konservativen" gleichzusetzen. Sie sei "Partei der Mitte und nicht der Rechten".

Bei der Integration von Ausländern kommt es für die Regierung laut Schröder allein auf drei Kriterien an: deren Akzeptanz der Grundgesetzwerte, die "keineswegs" allein deutsche Werte seien, sondern das "Erbe der europäischen Aufklärung" wiedergäben, sowie Gesetzestreue und Sprachkenntnisse. "Jede weitere Überhöhung" sei missverständlich. Die "erhabenste Norm" des Grundgesetzes sei die Unantastbarkeit der Würde des Menschen - und diese Würde, so Schröder, werde nicht auf bestimmte Kulturen beschränkt