Der Spiegel, 27.11.2000

Israel unter Druck

Zwei Monate nach Beginn des palästinensischen Aufstands setzt die israelische Regierung auf neue Gespräche mit dem palästinensischen Präsidenten Jassir Arafat und bemüht sich um Schadensbegrenzung bei den arabischen Nachbarn.

Jerusalem/Kairo - Die israelische Luftwaffe bombardierte jedoch am Sonntag erstmals seit sechs Monaten wieder Ziele in Südlibanon, wo die libanesische Hisbollah-Miliz in einem umstrittenen Grenzgebiet einen Bombenanschlag verübte.

Auf der Suche nach einem Ansatz, die anhaltende Gewalt in den palästinensischen Autonomiegebieten zu beenden, kam der israelische Kabinettsminister Amnon Lipkin-Schahak zu einem Geheimtreffen mit Arafat zusammen.

Das Gespräch am Samstagabend sei sehr wichtig gewesen, sagte Arafats Sprecher Marwan Kanafani, nannte aber keine Einzelheiten. Der israelische Ministerpräsident Ehud Barak räumte am Sonntag in einem Rundfunkinterview ein, dass Israel noch nie mit so viel Gewalt gegen die Palästinenser vorgegangen sei.

Seinen Chefberater Danni Jatom schickte Barak am Sonntag zum ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak nach Kairo. Jatom versuchte nach Angaben arabischer Diplomaten Mubarak dazu zu bewegen, seinen in der vergangenen Woche demonstrativ abberufenen Botschafter nach Tel Aviv zurückkehren zu lassen. Außerdem bat Baraks Gesandter dem Vernehmen nach Mubarak, mäßigend auf die Palästinenser einzuwirken.

Neue Zusammenstöße in den Autonomiegebieten verhinderten indes die von Arafat und Barak am Freitag vereinbarte Wiedereröffnung der gemeinsamen Verbindungsbüros. Israelische Soldaten wurden am Samstag in der Nähe eines Verbindungsbüros im Süden des Gaza-Streifens beschossen und erwiderten nach Militärangaben das Feuer. Bei Unruhen wurden am Samstag im Westjordanland und im Gazastreifen vier Palästinenser getötet mehr als 30 verletzt.

In Südlibanon feuerten am Sonntag zwei Kampfflugzeuge sechs Raketen auf vermutete Stellungen der libanesischen Hisbollah-Miliz ab. Die Raketen schlugen nach libanesischen Angaben in der Nähe der Tscheba-Höfe ein, deren territoriale Zugehörigkeit zwischen Israel und Libanon umstritten ist.

Dort verübten Hisbollah-Kämpfer am Sonntag einen Bombenanschlag auf eine israelische Militärpatrouille, bei dem nach Berichten des Militärrundfunks mehrere Soldaten verletzt wurden. Bei den Luftangriffen wurde Augenzeugen zufolge ein 21-jähriger syrischer Bauarbeiter verletzt. Außerdem schlug eine Granate in einer Ziegenherde ein und tötete nach Angaben des Hirten 50 seiner Tiere.