junge Welt, 27.11.2000

Abschiebeschutz entzogen

Der Nigerianer Akubuo steht auf gegen Unmenschlichkeit. Wird er deshalb abgeschoben?

Als Akubuo Chukwudi am 20. November im Büro des Internationalen Menschenrechtsvereins in Bremen festgenommen wurde, begann ein harter Kampf der Flüchtlingsbewegung. Der 41jährige ist seit seiner Festnahme im unbefristeten Hungerstreik. Am 21. November besetzten 40 Bremerinnen und Bremer das örtliche SPD-Büro. Die Parteiarbeiter zeigten Verständnis. Mit einem Brief an Gottfried Timm, den SPD-Innenminister in Mecklenburg- Vorpommern, stellten sich Bremens SPD-Landeschef Albers und der innenpolitische Sprecher Kleen hinter die Forderungen des Menschenrechtsvereins, die drohende Abschiebung des Nigerianers auszusetzen und Akubuo aus der Haft zu entlassen. Zeitgleich faßte die PDS-Landtagsfraktion Mecklenburg-Vorpommern einen ähnlichen Beschluß, der auch von PDS-Bundestagsabgeordneten unterstützt wird.

Akubuo wurde unmittelbar nach seiner Festnahme ins Abschiebegefängnis Bützow in Mecklenburg-Vorpommern gebracht. Nach der Festnahme protestierten Schulen, Kirchenräte, Parteien, Migrantenorganisationen und Jugendverbände per Fax bei den Behörden. Trotdem blieb ein Treffen zwischen Minister Timm und einer Delegation der »Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen« letzten Mittwoch ohne Ergebnis. Am Donnerstag wurde ein zwölfseitiger Eilantrag (siehe Menschenrechtsserver www.humanrights.de) abgelehnt.

Am Freitag schließlich besetzten Jugendliche vor laufenden ZDF-Kameras das Innenministerium. Am Sonnabend demonstrierten in Schwerin und in Bremen insgesamt sechshundert Personen unter dem Motto »Akubuo steht auf gegen Unmenschlichkeit und Intoleranz«. Im Anschluß begann eine unbefristete Mahnwache vor dem Abschiebegefängnis in Bützow. Hier hat sich der Gesundheitszustand Akubuos inzwischen erheblich verschlechtert.

Für viele, die seit 1998 die »Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen« aufbauten, ist Akubuo mehr als jeder andere zu einem Symbol dieses Aufstandes geworden. Der Jugendführer, der 1993 nach einer Demonstration gegen Diktator Abacha mit Schußwunden von Nigeria nach Deutschland fliehen mußte, fühlte sich nicht nur den Verfolgten aus seinem Land verpflichtet, die hier vergeblich Asyl suchten.

In der Woche vor seiner Verhaftung im Menschenrechtsverein, stand Akubuo bei der Mahnwache gegen Abschiebungen in den Iran, protestierte mit Tamilen vor dem Abschiebegefängnis in Moers, demonstrierte mit afrikanischen Flüchtlingen gegen den neofaschistischen Brandanschlag auf das Flüchtlingsheim in Wolfsburg und nahm an der Kampagne gegen die Residenzpflicht teil.

Da sich Akubuo hartnäckig weigerte, sich dem Regime in Nigeria zu beugen, mußte er sein Land verlassen. Das Asylverfahren brachte ihn in ein Asylbewerberheim mitten im Wald bei Parchim, wo der nächste Supermarkt zehn Kilometer entfernt ist - eine Busverbindung gibt es nicht. Die Heimbewohner, die durch ein Arbeits- und Reiseverbot in einem sozialen Vakuum leben und mit Lebensmittelgutscheinen einkaufen müssen, werden zur Zielscheibe von Schikanen und gelegentlichen Brandanschlägen. Die menschenverachtenden Lebensbedingungen in Parchim wurden öffentlich, weil Akubuo sich mit Protestbriefen engagierte. Der Landtag mußte darüber debattieren. Akubuo sammelte Tausende von Unterschriften für die Schließung des Heims. Kurz danach wurde ihm der Abschiebeschutz »unerklärlicherweise«, so heißt es im Bremer SPD-Brief, entzogen.

Akubuos Anwalt hat inzwischen Klage beim Bundesverfassungsgericht eingereicht, die allerdings keine aufschiebende Wirkung hat.

Debjani Das