taz 18.11.2000

Tote trotz Schießverbot

Palästinenserpräsident Arafat verbietet seinen Anhängern den Einsatz von Schusswaffen. Angeblich Einigung mit Israel über internationale Beobachter für die Autonomiegebiete

GAZA/JERUSALEM dpa/ap/taz Palästinenserpräsident Jassir Arafat hat erstmals seit Beginn der blutigen Konfrontation mit Israel vor sieben Wochen öffentlich ein Schießverbot für seine Gefolgsleute erlassen.

"Wir bemühen uns mit allen Mitteln, unsere bewaffneten Männer daran zu hindern, das Feuer zu eröffnen", sagte Arafat in Gaza in Hinblick auf eine am Donnerstag erlassene Verfügung. Darin untersagt der palästinensische Sicherheitsrat, von Autonomiegebieten aus auf israelische Siedlungen oder Einrichtungen zu feuern. Es handele sich um eine "klare Order des höchsten palästinensischen Sicherheitsrats", betonte Arafat.

Israels Ministerpräsident Ehud Barak erklärte, die Palästinenser müssten den Worten nun Taten folgen lassen. Sein Land sei bereit, die Hand zum Frieden zu reichen. Barak zeigte sich aber auch entschlossen, "unsere Interessen, unsere Einheit und unsere Stellung in der Welt zu verteidigen, wenn uns ein Konflikt aufgezwungen wird".

Am Freitag kam es aber erneut zu bewaffneten Auseinandersetzungen, bei denen mindestens fünf Palästinenser getötet und Dutzende verletzt wurden. In der Nacht zuvor erschossen israelische Soldaten in Jericho im Westjordanland zwei ranghohe palästinensische Polizisten. Nach israelischen Angaben galt der Einsatz Milizionären, die mehrmals israelische Siedlungen und Stützpunkte beschossen hätten. Nach palästinensischen Angaben waren die getöteten Polizisten jedoch nicht an Schusswechseln mit israelischen Soldaten beteiligt.

In der jüdischen Siedlung Morag im Gaza-Streifen schossen israelische Soldaten in der Nacht zum Freitag auf drei Palästinenser, die dort nach Rundfunkangaben mehrere Sprengsätze deponieren wollten. Zwei von ihnen wurden verletzt. Zunächst hatte es im israelischen Rundfunk geheißen, alle drei Palästinenser seien erschossen worden. Seit Beginn der blutigen Konfrontationen Ende September sind mehr als 200 Palästinenser und 22 Israelis getötet worden.

Die israelische Zeitung Maariv berichtete, Israel und die Palästinenser hätten sich in geheimen Kontakten auf die Entsendung von UN-Beobachtern geeinigt. Danach sollen 2.000 unbewaffnete Beobachter sechs Monate lang die Vorgänge in den Palästinensergebieten beobachten und den Vereinten Nationen regelmäßig Berichte übermitteln. Es gab jedoch keine offizielle Bestätigung der Meldung.

Angesichts der andauernden Unruhen hat Israel wirtschaftliche Sanktionen gegen die palästinensische Autonomiebehörde beschlossen. Der israelischen Armee sei Anweisung gegeben worden, die Lieferung von Waren in die Palästinensergebiete zu verhindern, berichteten israelische Medien am Freitag. Von der Maßnahme seien allerdings humanitäre Hilfsmittel und Nahrungsmittel nicht betroffen. wg