junge Welt, 16.11.2000

NPD plant neue Großdemonstration

München: Breites Bündnis will Nazi-Aufmarsch am 25. November verhindern

Mindestens 1 500 Teilnehmer aus ganz Deutschland werden zu einer Kundgebung, auf der auch NPD-Chef Udo Voigt sprechen soll, erwartet. Mit einem Großaufmarsch will die NPD am 25. November in München gegen gegen die Pläne zu ihrem Verbot protestieren. In den letzten Wochen hatte die NPD bewußt auf Demonstrationen im Namen der Partei verzichtet, um nicht weitere Verbotsgründe zu liefern. Nach erheblichem Druck von Teilen der Parteibasis wie der vor allem in Süddeutschland starken »revolutionären Plattform« der NPD hat sich der Bundesvorstand nun an die Spitze der geplanten Demonstration gesetzt. Das Ende dieses »Legalitätskurses« wurde im »Störtebeker-Netz«, das von NPD-«Dissidenten« und Vertretern der »Freien Kameradschaften« betreiben, ausdrücklich begrüßt. Sie hatten Voigt und anderen NPD-Führungskadern Opportunismus und Angst um ihre Pfründe - etwa als Geschäftsführer des Parteiverlags - vorgeworfen.

Ursprünglich wollte die NPD ihre Demonstration am Jakobsplatz starten. Hier soll in den nächsten Jahren eine Synagoge der israelitischen Kultusgemeinde Münchens entstehen. Wegen einer kurzfristig angemeldeten städtischen Kulturveranstaltung, auf der unter anderem der Synagogenneubau vorgestellt werden soll, mußten die Neonazis nun auf den Mariahilfplatz außerhalb der Innenstadt ausweichen.

Von den Bewohnern der Stadtteile Haidhausen und Au, durch die der braune Marsch gehen soll, werden inzwischen massive Proteste laut. Pfarrer Josef Zierl, vor dessen Kirche sich die NPD zur Auftaktkundgebung versammeln will, nennt den Neonaziaufmarsch eine »Provokation für alle, die für ein demokratisches Gemeinwesen und ein friedliches Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Kultur und Religion in unserer Stadt eintreten«. Die Bürgerversammlung der Au stimmte einem Antrag auf Verbot der Neonazikundgebung zu. Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) sieht dagegen keine Möglichkeit, den Aufmarsch zu verbieten. Anläßlich einer Gedenkveranstaltung der Israelitischen Kultusgemeinde am 9. November rief er die Münchner dazu auf, durch ihr massenhaftes Erscheinen auf der Kulturveranstaltung am Jakobsplatz zu zeigen, daß in München kein Platz für Neonazis ist.

Dies ist vielen Münchnern noch zuwenig. Ein Bündnis aus über 40 Organisationen, dem neben der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes, der PDS und den Grünen auch mehrere SPD-Ortsvereine und Einzelgewerkschaften angehören, ruft zu einer »breiten Protestkampagne auf mit dem Ziel, den geplanten Naziaufmarsch zu verhindern«. Mit einem Sternmarsch von drei Plätzen aus will das Bündnis den Neonazis entgegentreten. Die Polizei rechnet mit rund 20000 Gegendemonstranten.

Die NPD hatte in München in den letzten Wochen bereits mehrfach versucht, mit Infoständen und einer Kundgebung gegen das geplante Verbot der Partei zu protestieren. Doch trotz Polizeischutz für die Neonazis war es den zahlreich anwesenden Antifaschisten jedes Mal gelungen, den Stand völlig zu umstellen oder gleich »abzuräumen«.

Nick Brauns, München