yahoo.com, 16. November 2000, 06:39 Uhr

Israel greift Fatah-Zentralen mit Raketen an

Jerusalem (Reuters) - Israelische Kampfhubschrauber haben am Donnerstagmorgen nach Armeeangaben Raketen auf drei örtliche Zentralen der Fatah-Bewegung von Palästinenser- Präsident Jassir Arafat abgefeuert. Neben den Hauptquartieren in Tulkarm, Salfit und Hebron sei ein Munitionslager in Jericho angegriffen worden. Augenzeugen berichteten, bei dem Angriff in Hebron seien drei Palästinenser leicht verletzt worden. Zuvor war bei einem Hubschrauberangriff in der Ortschaft Beit Jala ein dort lebender Deutscher umgekommen, berichtete dessen Schwager. Der israelische Ministerpräsident Ehud Barak beriet unterdessen in Jerusalem mit dem US-Gesandten Dennis Ross über Wege zur Beendigung seit Wochen anhaltenden Gewalt im Nahen Osten.

Augenzeugen in Hebron berichteten, in das dortige Hauptquartier der Fatah seien mindestens drei Raketen eingeschlagen. In dem Gebäude habe sich niemand aufgehalten. Drei in der Nähe lebende Palästinenser seien durch die Splitter geborstener Fensterscheiben leicht verletzt worden.

Bei dem zuvor in Beit Jala getöteten Deutschen soll es sich um einen 68-jährigen Ehemann einer Palästinenserin handeln, der in dem Ort lebte. Sein Schwager sagte, der Mann habe während des Hubschrauberangriffs verletzten Nachbarn helfen wollen, als er von einem Splitter getroffen worden sei. Im Auswärigen Amt in Berlin war am frühen Donnerstagmorgen zunächst niemand zu einer Stellungnahme zu erreichen.

Die Unruhen im Westjordanland und im Gazastreifen hatten sich am Mittwoch fortgesetzt. Israelische Soldaten erschossen dabei acht Palästinenser. Die Zahl der Todesopfer der seit Ende September anhaltenden Palästinenser- Unruhen stieg damit auf mindestens 226 Die meisten Opfer sind Palästinenser.

Das Sicherheitskabinett von Israels Ministerpräsident Ehud Barak kam am Mittwoch zu einer Dringlichkeitssitzung zusammen, um über Maßnahmen gegen die Unruhen zu beraten. Aus israelischen Diplomatenkreisen hieß es, das Kabinett habe darüber entschieden, wie "militärisch auf die Entwicklungen der kommenden Tage" reagiert werden könne.

Barak beriet am späten Mittwochabend in Jerusalem mit Ross über Wege zur Beendigung des Konflikts, nach dessen Ausbruch Barak die Friedensverhandlungen mit den Palästinensern ausgesetzt hat. Aus israelischen Regierungskreisen verlautete, Ross bemühe sich um eine Feuerpause zwischen Israel und den Palästinensern und um Schritte zur Wiederaufnahme der Friedensverhandlungen. Nach einem Bericht des Fernsehsenders Channel 2 berieten sie über einen Vorschlag von US-Präsident Bill Clinton, der einen Gipfel in den USA vorgeschlagen habe. Dabei sollten die Palästinenser und Israel über Möglichkeiten für ein Friedensabkommen beraten.

Arafats Fatah begann nach eigenen Angaben am Mittwoch mit einem langfristig angelegten Kampf zur Vertreibung von Israelis aus den Palästinenser-Gebieten begonnen. Ein Sprecher der Fatah, Marwan Barghuthi, sagte in Ramallah, bewaffnete israelische Siedler und israelische Soldaten würden aus dem Gaza-Streifen und dem Westjordanland vertrieben werden. Die israelisch besetzten Palästinenser-Gebiete würden als befreite Gebiete behandelt. Die Palästinenser hatten am Mittwoch die symbolische Ausrufung eines eigenen Staates vor zwölf Jahren gefeiert