web.de, 15.11.2000 16:24

PEN-Präsident beklagt verstärkte Verfolgung von Autoren in Iran

Berlin/Darmstadt (dpa) - Schriftsteller in Iran sind nach Ansicht des deutschen PEN-Präsidenten Said zurzeit einer verstärkten Verfolgung durch Extremisten ausgesetzt. «Die aktuellen Prozesse gegen Übersetzer, Autoren, Essayisten und Journalisten verstehe ich als klares Zeichen in Richtung Ausland», sagte Said anlässlich des «Writers-in Prison-Day» im DeutschlandRadio Berlin.

Offenbar wolle man in Teheran mobil machen, um den für das nächste Jahr geplanten Besuch des deutschen Bundeskanzlers zu torpedieren, erklärte der aus Iran stammende und seit langem in Deutschland lebende Pen-Präsident.

Praktisch wöchentlich würden in Iran Zeitungen verboten, sagte Said. Es gehöre auch zum Alltag, Herausgeber und ihre Anwälte mit einem zum Teil mehrjährigen Berufsverbot zu belegen. Nach Auskunft Saids sind China, Vietnam, Syrien, Irak, Aserbaidschan, Usbekistan, die Türkei, Kolumbien und der Iran die Länder, in denen die Freiheit des geschriebenen Wortes momentan besonders stark eingeschränkt ist. Die Zahl der verfolgten Schriftsteller und Autoren betrage weltweit etwa 500, sagte Said.

Nach Angaben des deutschen PEN-Zentrums in Darmstadt wurden zwischen November 1999 und Oktober 2000 insgesamt 14 Autoren und Journalisten ermordet. In der ersten Hälfte des Jahres 2000 lag die Zahl der Getöteten bei acht Schriftstellern. Zudem galten in diesem Zeitraum sieben Schriftsteller als verschollen.

Das «Writers in Prison»-Komitee hat seine Arbeit 1960 aufgenommen. Ziel der angeschlossenen rund 50 PEN-Zentren ist es, Schriftsteller, Verleger, Journalisten und Herausgeber, die wegen ihres Einsatzes für die Freiheit des Wortes inhaftiert und gefoltert wurden, aus der Haft zu befreien. In den ersten sechs Monaten dieses Jahres wurden aus dieser Gruppe weltweit 83 Inhaftierte registriert.