Financial Times Deutschland, 15.11.2000

Israel riegelt palästinensische Autonomiegebiete ab

Nach neuen Gefechten haben die israelischen Streitkräfte die palästinensischen Autonomiegebiete im Westjordanland abgeriegelt.

Israels Ministerpräsident Ehud Barak beabsichtigt weiterhin ein Friedensabkommen mit den Palästinensern zu schließen.

Das teilte der Kommandeur der israelischen Truppen im Westjordanland, Generalmajor Jizchak Eitan, am späten Montagabend mit.

Am Montag wurden im Westjordanland vier Israelis getötet und acht weitere verletzt. Im Gegensatz zu den vergangenen Tagen und Wochen spielten sich die Auseinandersetzungen am Montag nicht zwischen steinewerfenden Palästinensern und israelischen Soldaten ab, sondern die Palästinenser konzentrierten sich auf gezielte Angriffe aus dem Hinterhalt. Bei weiteren Gefechten wurden am Montag vier Palästinenser getötet. Der Fatah-Vorsitzende im Westjordanland, Marwan Barghuti, prophezeite, daß die Auseinandersetzungen weitergehen würden.

Barak will Friedensvertrag mit Palästinensern

Der israelische Ministerpräsident Barak verurteilte die Angriffe vom Montag scharf. Trotzdem halte er an einer Friedenslösung mit den Palästinensern auf dem Verhandlungswege fest, sagte Barak auf einer jüdischen Veranstaltung in Chicago. "Bei den jüngsten Unruhen haben wir trotz der Provokationen bis jetzt den Pfad großer Zurückhaltung beschritten", sagte der israelische Regierungschef und fügte hinzu: "Wir versuchen, das Blutvergießen zu minimieren und eine Ausweitung der Konfrontation zu verhindern, aber wir werden zu antworten wissen." Barak machte zudem deutlich, dass vor einem neuen Nahost-Gipfel mit US-Präsident Bill Clinton und Palästinenserführer Yassir Arafat eine "drastische Verringerung" der Gewalt stehen müsse.

Organisation der Islamischen Konferenz kritisiert Israel

Unterdessen forderte die Organisation der Islamischen Konferenz (OIC) ihre Mitgliedsstaaten auf, die diplomatischen Beziehungen zu Israel abzubrechen, machte dies aber nicht zur Pflicht. Iran, Syrien und Saudi-Arabien hatten für die härtere Gangart plädiert; andere Staaten wie Jordanien, Ägypten und die Türkei vertraten eine gemäßigtere Position. Im Schlusswort sprach sich der Emir von Katar, Scheich Hamad bin Chalifa el Thani, für Anstrengungen auf Außenministerebene aus, um den UN-Sicherheitsrat zu Schritten gegen die israelische "Aggression" gegen die Palästinenser zu veranlassen. Die vorgeschlagene Delegation solle den Sicherheitsrat zum "notwendigen internationalen Schutz des palästinensischen Volkes" veranlassen, sagte Hamad.

AP