Frankfurter Rundschau, 14.11.2000

Vereinte Nationen

UNHCR sagt größere Zahl von Flüchtlingen voraus

WASHINGTON/GENF, 13. November (dpa/epd). Die reichen Länder müssen mit einem verstärkten Zuzug von Flüchtlingen rechnen, wenn die Kluft zwischen reichen und armen Ländern nicht beseitigt wird. Zu diesem Schluss kommt das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR), das am Montag in Washington zum bevorstehenden 50. Jahrestag seiner Gründung einen Bericht über die Flüchtlinge der Welt vorlegte. Die Ursachen von Konflikten und Armut müssten dringend bekämpft werden.

Die reichen Länder hätten ihre Asylpolitik in den vergangenen Jahren verschärft, um Einwanderer abzuschrecken, die illegal einreisen wollten, kritisiert das UNHCR. Dabei hätten sie verkannt, dass viele Flüchtlinge wirklich auf den Schutz vor Verfolgung angewiesen sind. Weil die Grenzen weitgehend dicht gemacht worden seien, verließen sich immer mehr Asylsuchende auf Schlepper. "Zusammen mit der Tatsache, dass Asylsuchende in Heimen festgehalten werden, verstärkt dies das Stigma der Asylsuchenden als Kriminelle", schreibt das UNHCR. Die scheidende Flüchtlingshochkommissarin Sadako Ogata erklärte, das 50-jährige Bestehen des UNHCR sei "kein Grund zum Feiern". Der internationalen Gemeinschaft sei nicht gelungen, Armut und Verfolgung als Hauptgründe für Krieg und Vertreibung zu beseitigen. Das Hilfswerk wurde 1951 von der UN-Generalversammlung gegründet. Erste Aufgabe war die Rückführung von Flüchtlingen des Zweiten Weltkriegs.

Heute kümmert es sich um 22,3 Millionen Flüchtlinge und Vertriebene. Laut Bericht gehört Deutschland zu den Ländern, die zur Zeit mehr als 500 000 Flüchtlingen Schutz gewähren. An der Spitze steht Iran mit 1,8 Millionen aufgenommenen Flüchtlingen, es folgen Pakistan (1,2 Millionen), Deutschland (975 000), Tansania (622 000), USA (513 000) Guinea und die Bundesrepublik Jugoslawien mit je 500 000. Herkunftsländer der meisten Flüchtlinge sind Afghanistan, Irak, Burundi, Sierra Leone, Sudan, Somalia, Bosnien, Angola, Eritrea und Kroatien.