Süddeutsche Zeitung, 14.11.2000

Laut israelischen Rundfunkberichten

USA bereiten neuen Nahost-Gipfel vor

Arafat hat Dreier-Treffen angeblich bereits zugestimmt / Sechs Tote bei Unruhen

Jerusalem (AFP/Reuters/dpa) - Nach seinen ergebnislosen Gesprächen mit Palästinenserpräsident Jassir Arafat und dem israelischen Regierungschef Ehud Barak versucht US-Präsident Bill Clinton jetzt offenbar, einen Dreier-Gipfel zustande zu bringen. Das berichtete der israelische Rundfunk unter Berufung auf ein hochrangiges Mitglied der Delegation Baraks, der in der Nacht zum Montag fast drei Stunden lang mit Clinton gesprochen hatte. Arafat habe dem Gipfeltreffen bereits zugestimmt, hieß es. Baraks Berater Dani Jatom machte aber deutlich, dass zurzeit von Seiten Israels mit einer Wiederaufnahme von Friedensgesprächen nicht zu rechnen sei. Bei weiteren blutigen Unruhen kamen am Montag mindestens sechs Menschen ums Leben.

Der israelische Premierminister lehnte gegenüber Clinton die von der palästinensischen Seite geforderte UN-Schutztruppe in den Autonomiegebieten erneut ab. Barak sagte nach der Unterredung, er habe mit dem US-Präsidenten darüber beraten, wie wichtig es sei, die Gewalt in den Palästinensergebieten zu beenden. Die Situation dort müsse erst stabilisiert werden, bevor neue Verhandlungen geplant werden könnten. Gleichzeitig verurteilte Barak die beim Gipfeltreffen der Organisation der Islamischen Konferenz in Katar geäußerten Aufrufe zum Heiligen Krieg gegen sein Land. Arafat hatte in Katar eine Fortsetzung des Aufstands gegen Israel angekündigt.

Der für den Abschnitt Ramallah im Westjordanland zuständige israelische Oberst Gal Hirsch beschuldigte die Palästinenser unterdessen, von einer Strategie des Aufstands zum Terrorismus gegen Israel übergehen zu wollen. Hirsch sagte im Rundfunk, angesichts des entschiedenen Vorgehens der israelischen Armee und der zahlreichen Verluste auf palästinensischer Seite griffen die Palästinenser zunehmend zu "terroristischen Methoden". Dabei nähmen sie Zivilisten auf Straßen und Märkten ins Fadenkreuz. Laut Hirsch ist der Strategiewechsel nicht zufällig. Schließlich habe die Autonomiebehörde Terroristen auf freien Fuß gesetzt. Damit spielte der General auf die Freilassung von mehreren Dutzend Mitgliedern der extremistischen Muslimgruppen Hamas und Islamischer Dschihad an, die Arafat jüngst verfügt hatte. Hirsch kündigte an, dass Israel "den Terrorismus liquidieren werde".

Angesichts des völligen Verhandlungsstillstands kam es in den Palästinensergebieten auch am Montag wieder zu schweren Zusammenstößen zwischen israelischen Soldaten und protestierenden Palästinensern. Drei Israelis, unter ihnen eine Frau, wurden getötet, als bewaffnete palästinensische Milizionäre am Nachmittag einen Armee-Bus und ein Privatauto im Gebiet zwischen Nablus und Ramallah im Westjordanland angriffen. Acht Israelis seien bei dem Überfall verletzt worden, einige von ihnen schwer, berichtete der israelische Rundfunk. Zunächst war unklar, ob es sich bei den getöteten Männern um jüdische Siedler oder Soldaten handelte. Bei Chan Junis im südlichen Gazastreifen wurden ein 17- und ein 18-jähriger Palästinenser erschossen. Ein dritter Palästinenser erlag seinen schweren Verletzungen, die er am Wochenende erlitten hatte.