Süddeutsche Zeitung, 13.11.2000

Islamische Staaten fordern Boykott Israels

Von Heiko Flottau

Kairo - Auf der islamischen Gipfelkonferenz in Katar wollen die Delegierten den Palästinensern Unterstützung im Kampf gegen Israel gewähren und alle islamischen Staaten auffordern, ihre Beziehungen mit Israel abzubrechen. Das geht aus einem Resolutionsentwurf hervor, den die Außenminister vorgelegt haben. Die Tagung der in der Organisation der Islamischen Konferenz (OIC) zusammengeschlossenen 56 Staaten wurde am Sonntag vom amtierenden Vorsitzenden der Konferenz, dem iranischen Präsidenten Mohammed Chatami, eröffnet. Auf dem Programm der dreitägigen Zusammenkunft stehen auch die Bildung eines islamischen Gerichtshofes sowie eine Erklärung gegen den Terrorismus.

Chatami verlangte in seiner Eröffnungsrede die Bildung eines unabhängigen Palästinenserstaates mit der Hauptstadt Jerusalem. Zugleich sprach er sich dafür aus, dass allen Palästinensern das Recht auf Rückkehr in ihre Heimat gewährt wird. Chatami stellte jedoch fest, dass die arabischen Staaten bisher nicht genug zur Unterstützung der Palästinenser getan hätten. UN-Generalsekretär Kofi Annan appellierte an die islamische Welt, im Nahost-Konflikt nicht die Gewalt, sondern den Dialog zu unterstützen. Außerdem forderte er eine gemäßigte Reaktion auf die Gewalt zwischen Israel und den Palästinensern.

Kompromiss-Vorlage

Der Resolutionsentwurf stellt einen Kompromiss zwischen Syrien und Iran einerseits sowie Ägypten, Jordanien und der Türkei andererseits dar. Syrien und Iran fordern einen sofortigen Abbruch aller Beziehungen. Ägypten und Jordanien unterhalten auf Grund ihrer Friedensverträge diplomatische Beziehungen zu Israel. Die Türkei steht mit Israel auf militärischem Gebiet in Kontakt. Im Entwurf der Abschlussresolution wird daher die Entscheidung über den Abbruch der Beziehungen den OIC-Mitgliedern überlassen. Solange Israel sich nicht wie in UN-Resolutionen gefordert aus den besetzten Gebieten und aus Jerusalem zurückziehe, seien alle Staaten "eingeladen", die Normalisierung ihrer Beziehungen zu stoppen. In scharfen Worten wird das Verhalten Israels kritisiert, insbesondere die "systematische Verletzung der Menschenrechte durch die israelische Besatzungsarmee, Massentötungen" sowie "Kollektivstrafen wie die Zerstörung von Häusern und die Abriegelung palästinensischer Gebiete".