Frankfurter Rundschau, 13.11.2000

Hoffnung für Airport-Flüchtlinge

Laut SPD ist kürzerer Aufenthalt im Flughafentransit in Sicht

Von Ursula Rüssmann

FRANKFURT A. M., 12. November. Die Gespräche der Bundesregierung mit dem Land Hessen über eine Verkürzung des oft monatelangen Aufenthalts von Flüchtlingen am Frankfurter Flughafen stehen nach Angaben der SPD vor einem Abschluss. Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Dieter Wiefelspütz, sagte auf Anfrage der FR, er rechne "in ein paar Wochen" mit Ergebnissen. Die Verhandlungen seien "aussichtsreich". Auch der Gießener Bundestagsabgeordnete Rüdiger Veit (SPD) erwartet noch im November Resultate.

Einzelheiten zum Inhalt der Gespräche wollte Wiefelspütz nicht mitteilen. Der SPD-Innenpolitiker hält aber weiter daran fest, dass Asylbewerber, die per Flugzeug eintreffen, nicht länger als 19 Tage im Flughafentransit festgehalten werden sollten. Die Unterbringung dort sei "menschenunwürdig", bekräftigte er. Laut Veit ist auch eine Höchstdauer von 25 bis 30 Tagen möglich. Auch die Bundesausländerbeauftragte Marieluise Beck (Grüne) hatte sich mehrfach dafür ausgesprochen, Flüchtlingen nach spätestens 30 Tagen die Einreise zu gestatten.

Hintergrund der Gespräche ist der Selbstmord einer Asylbewerberin im Mai, der eine heftige Debatte um das Flughafen-Asylverfahren ausgelöst hatte. Die Frau hatte sieben Monate im Transit verbringen müssen. Derzeit müssen Flüchtlinge, die nach Ablehnung ihres Asylantrags am Airport nicht zurückgeschoben werden können, zustimmen, dass sie "freiwillig" im Transit bleiben. Tun sie das nicht, werden sie einem Richter vorgeführt; der ordnet meist Abschiebehaft an. Aus Angst davor zeichnen die meisten Betroffenen die Freiwilligkeitserklärung. Der von den Kirchen getragene Flughafen-Sozialdienst hat seit 1997 immer häufiger mehrmonatige Aufenthalte sowie etwa 20 Selbstmordversuche von Flüchtlingen im Transit registriert.

Bei den derzeitigen Gesprächen geht es offenbar darum, die umstrittene Freiwilligkeitserklärung abzuschaffen. Wiefelspütz betonte aber, abgelehnten Asylbewerbern solle nicht die freie Einreise erleichtert werden: Wer abgelehnt worden sei, müsse auch künftig "möglichst schnell zurückgeschickt werden". Auch wenn der Aufenthalt am Airport verkürzt wird, werden die Flüchtlinge also nicht einfach ihrer Wege gehen können. Vielmehr schwebt dem SPD-Politiker eine andere Form des "Zurückweisungsgewahrsams" vor, der aber "menschenwürdig" sein müsse: "Er sollte so wenig Gemeinsamkeiten wie irgend möglich mit einem Gefängnis haben".

Rot-Grün will mögliche Abmachungen ohne Gesetzesänderungen umsetzen. Das Flughafen-Asylverfahren an sich, bekräftigte Wiefelspütz, sei "aus präventiven Gründen" weiterhin unverzichtbar. Das Verfahren steht wegen seiner kurzen Fristen in der Kritik von Bündnisgrünen, Juristen und Kirchen. Die seit langem angekündigte verbesserte Unterkunft für 150 Asylsuchende am Airport selbst wird nicht vor Herbst 2001 fertig.