Main Rheiner, 10.11.2000

Iranerin hat viele Gründe für ihre Flucht

In der Villa Clementine ging es um Asylsuchende und den Wunsch nach einem "normalen Leben"

bär. - Immer wieder holt die junge Iranerin Luft, um von den quälenden Erinnerungen an das Flüchtlingslager nicht überwältigt zu werden. Vorsichtig berichtet sie in der "Villa Clementine" auf Einladung von "amnesty international" (ai), dem "Flüchtlingsrat Wiesbaden" und der "Martin-Niemöller-Stiftung" sowie der Volkshochschule, wie sie vor zwei Jahren in Deutschland ankam.

Sie sollte wenige Tage nachdem sie der Verfolgung entronnen war, ihre Gründe der Flucht vor einer Kommission erklären. "Doch so einfach ist das nicht." Es sei nicht der "Traum von einem besseren Leben, für den jemand sein Heimatland verloren gibt." Eigentlich hatten sie ein gutes Leben dort, sie hatte studiert, ihr Mann war Zahnarzt. Es seien politische Gründe gewesen, die sie aus ihrer Heimat trieben. Mehr will sie zur eigenen Sicherheit nicht preisgeben. Jetzt warten sie auf die Entscheidung des Gerichts - zur Untätigkeit verurteilt.

Kein Wunsch ist nun größer, als ein normales Leben zu führen - ohne Gefahr. Ein Leben ohne Gefahr hatte sich auch Familie Akyüz gewünscht, für die Ines Welge vom "Flüchtlingsrat" von ihrem Schicksal berichtete. Aus Angst vor der drohenden Abschiebung war die elfköpfige Familie am 21. August aus dem Kirchenasyl geflohen. In diesem Falle, so der bittere Kommentar Welges, hatten sogar die Kirchengemeinden "versagt", die den "unterstützenden Menschenrechtsschutz, wo staatlicher Schutz versagt" getragen hatten. Pauschal sei ihr Asylantrag abgelehnt worden, ohne eben jene gründliche Überprüfung der Zeugenaussagen, die von zwei Journalistenteams, die in die Türkei gereist waren, vorgelegt wurden.

Ebenso wenig sei das Gutachten über "schwere Misshandlungen und sexuelle Gewalt" das vom "Psychosozialen Zentrum für Folteropfer" in Frankfurt angefertigt wurde, geprüft worden. Weiterhin habe sich das Verwaltungsgericht bisher schlichtweg "geweigert, die Gefährdungssituation der Familie anzuerkennen", obgleich eine andere Kammer des selben Gerichts davon ausgehe, dass es "vorausgesetzt werden kann, dass die Sicherheitsbehörden der Türkei die politischen Zeitungen auswerten".