junge Welt, 03.11.2000

Kommentar: Endlich mitkriegen

BRD stellt Militärkontingente für UN-Kampfeinsätze

Dem unbedingten Ziel, im Windschatten des selbsternannten Weltpolizisten USA in Zukunft in allen Krisenregionen dieser Welt mitkämpfen zu dürfen, ist die Bundesregierung wieder ein Stück näher gekommen. Auch der ersehnten Aufnahme in den erlauchten Kreis der ständigen Mitglieder des UN- Sicherheitsrates dürfte nunmehr kaum noch etwas im Wege stehen. Mit der Unterzeichnung einer Vereinbarung über die Bereitstellung militärischer Kontingente für »friedenserzwingende Maßnahmen« der Vereinten Nationen ist endgültig Schluß mit hilfswilligen Lazarettmiezen oder Karbolsoldaten und gewissenhaften Verkehrspolizisten aus Deutschland, die im UN-Auftrag in von Kriegen heimgesuchten Gegenden dieser Erde humanitären Geist repräsentieren sollten. Als der Bericht einer UN- Expertenkommission zur Reform und möglichen Ausweitung der UNO-Kampfeinsätze im August vorgelegt wurde, fand der Pitbull der deutschen Militärpolitik und frühere Generalinspekteur der Bundeswehr, Klaus Naumann, sogleich die richtigen Worte: »Wir nehmen damit Abschied vom traditionellen Blauhelm, er wird durch robustes peace keeping ersetzt, das den Einsatz von Gewalt gegen diejenigen erlaubt, die sich nicht an die Spielregeln halten.« Und: »Natürlich müssen auch deutsche Soldaten an solchen Einsätzen teilnehmen.« Dieser Ankündigung hat die Regierung nun Taten folgen lassen, Von der Pioniereinheit über Stabsoffiziere bis hin zur Kampftruppe - alles kann in Zukunft in Deutschland angefordert werden, um »Spielregeln« durchzusetzen.

Wessen Spielregeln das eigentlich sind, wird dabei selbst von vermeintlichen Kriegsgegnern kaum hinterfragt. So bemängelte sogar das kleine Häuflein der Gegner der NATO- Aggression gegen Jugoslawien innerhalb der Grünen und der SPD hauptsächlich das fehlende UN-Mandat für den Bombenterror.

Der PDS-Führung kommt der Schritt der Regierung sicherlich zeitlich ungelegen. Während man im stillen Kämmerlein an »friedens- und sicherheitspolitischen Thesen« werkelt, die der Basisohrfeige von Münster zum Trotz Zustimmung der PDS zu Kampfeinsätzen ermöglichen sollen, muß die Partei aber bereits jetzt bei den Ausschußberatungen im Deutschen Bundestag Flagge zeigen. Das dürfte dem Gysi- Nachfolger Roland Claus und seinen Gesinnungsfreunden, die sich zum Ziel gesetzt haben, die PDS bis zur nächsten Bundestagswahl absolut und bedingungslos SPD-kompatibel zu machen, einiges Kopfzerbrechen bereiten. Einige Bundestagsabgeordnete der Partei haben bereits signalisiert, dem gültigen Programm der Partei und ihrem jahrelang formulierten friedenspolitischen Anspruch zu folgen, welcher lautet: Keine Kampfeinsätze der Bundeswehr, egal wo, egal ob mit oder ohne UN-Mandat.

Rainer Balcerowiak