taz 2.11.2000

Deutsche Aufbauhilfe für Palästina

Mehr als 200 Millionen Mark hat die Bundesrepublik bisher in die Infrastruktur der Autonomiegebiete gesteckt

JERUSALEM taz Mit Beginn der Selbstverwaltung in den ersten autonomen palästinensischen Zonen Jericho und Gaza-Streifen hat auch die finanzielle Hilfe für den Aufbau des zu gründenden Staates eingesetzt. Seit 1993 bis heute steckte die Bundesrepublik weit mehr als 200 Millionen Mark in den Aufbau der Palästinensergebiete. Dazu kommen Fonds mit noch einmal knapp 100 Millionen Mark. Kanzler Gerhard Schröder stellte im Verlauf seines Besuches bei Palästinenserpräsident Jassir Arafat weitere Finanzhilfe in Aussicht.

Die Bundesrepublik war einer der ersten Staaten, der ein "Vertretungsbüro" in der Autonomiezone eröffnete. Nach Staatsgründung soll aus dem Büro die offizielle Botschaft werden. Von hier aus wird ein Großteil der deutschen Wirtschaftshilfe an die Palästinenser koordiniert.

Große Summen fließen vor allem in den Bereich der technischen Kooperation. Nach Unterlagen des "Vertretungsbüros der BRD" in Ramallah geht es dabei vor allem um die Wasserversorgung in den Autonomiegebieten, in die die Bundesrepublik rund 40 Millionen Mark investierte. Allein 12 Millionen Mark wurden für die Trinkwasserversorgungin der Region von Ramallah ausgegeben. In anderen Städten, wie Nablus und Hebron, arbeitet die bundesdeutsche Entwicklungshilfe in Kooperation mit den Stadtverwaltungen auch an der Wiederaufbereitung von Abwasser.

Die Versorgung mit Frischwasser ist ein zentrales Problem für die Bevölkerung in den Autonomiegebieten. In Städten wie Bethlehem wird Trinkwasser und Wasser für Duschen und Toiletten in der Regel nur zweimal monatlich in die riesigen Behälter auf den Dächern der Häuser geleitet. Wenn es verbraucht ist, müssen die Leute zusätzliches Wasser kaufen. Die Ressourcen sind nicht zuletzt wegen des deutlich höheren Verbrauchs in den umliegenden jüdischen Siedlungen knapp. Nach offiziellen Angaben überlassen die Siedler in der Umgebung von Bethlehem der palästinensischen Bevölkerung nur rund 20 Prozent der städtischen Wasservorräte. Um den Palästinensern aus der Misere zu helfen, hat in den vergangenen Jahren auch die Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) Millionenbeträge vor allem in die Grabung von Brunnen gesteckt. Fast ebenso kostenintensiv ist die Abwasserentsorgung. Seit 1998 investierte die Bundesrepublik allein in die Abwasserentsorgung der Stadt Nablus 40 Millionen Mark. Insgesamt flossen bislang über 100 Millionen Mark allein in diesen Bereich. Diese Beträge machen indes nur einen Bruchteil dessen aus, was nötig wäre.

Die Entwicklung öffentlicher Institutionen und Organisationen ist ein weiterer Punkt, auf den sich die finanzielle Förderung der Bundesrepublik konzentriert. So wurde 1995 mit deutschen Geldern die Gründung des "Palästinensischen zentralen Büros für Statistik" ermöglicht. Eines der größten Probleme für den Aufbau des künftigen Staates war, dass keine verlässlichen Angaben über die Bevölkerungszahl vorlagen. Gut 7 Millionen Mark flossen in offizielle Ministerien, darunter das Planungsministerium. Finanzhilfe aus der Bundesrepublik steckt auch in der palästinensischen Zollbehörde.

SUSANNE KNAUL