taz 2.11.2000

Rot-grüne Geschäfte

Deutschlands Rüstungsexporte steigen immer weiter. Die nach Israel verkauften U-Boote werden zum Kampf gegen Palästinenser umgerüstet

GENF taz Der Wert der aus Deutschland exportierten Kriegswaffen hat sich zwischen 1998 und 1999 nach Angaben des Statistischen Bundesamtes von gestern von 1,34 Milliarden Mark auf 2,84 Milliarden mehr als verdoppelt. Verantwortlich dafür ist die Kohl-Regierung, unter der die meisten Verträge für die 1999 exportierten Kriegswaffen abgeschlossen wurden.

Die seit Oktober 1998 bestehende rot-grüne Regierung hätte die Erfüllung dieser Verträge um den Preis hoher Konventionalstrafen stoppen können. Dazu fehlte der politische Wille. Künftig dürfte auch der Wert der unter Verantwortung der rot-grünen Koalition exportierten Kriegswaffen deutlich steigen: 1999 erteilte die Regierung Neubewilligungen für Kriegswaffenexporte im Wert von 5,9 Milliarden Mark - 1998 waren es noch 5,5, 1997 4,03 Milliarden.

Wesentlicher Grund für die wertmäßige Verdoppelung der Ausfuhren von 1998 auf 1999 ist der hohe Anteil teurer Marineschiffe: Sie machten 1999 zwei Drittel aller Kriegswaffenexporte aus. In Staaten außerhalb der Nato wurden fast ausschließlich Kriegsschiffe bzw. Teile davon geliefert. Hauptabnehmer waren Israel (940 Millionen Mark), Brasilien (212 Mio.) und Südkorea (117 Mio.). Grund für den hohen Wert der Ausfuhren nach Israel war 1999 die Lieferung zweier U-Boote der "Dolphin"-Klasse. Ein drittes U-Boot wurde letzte Woche an Israel ausgeliefert.

Mit 645 Millionen von 2,84 Milliarden Mark hatte die Türkei im letzten Jahr einen Anteil von knapp 24 Prozent an den deutschen Kriegswaffenexporten. Dieser Anteil dürfte in den nächsten Jahren noch zunehmen. Von den Exportbewilligungen in Höhe von 5,9 Milliarden, die die rot-grüne Regierung 1999 erteilte, entfiel mit 1,9 Milliarden bereits ein knappes Drittel und zugleich der bei weitem größte Anteil auf die Türkei. Es folgen die USA (644,9 Millionen), Italien (508,6 Millionen) und Israel (477,2 Millionen).

98 Prozent der Bewilligungssumme für die Exporte in die Türkei entfallen auf Kriegsschiffe. Weil diese nicht gegen Kurden eingesetzt werden könnten, seien sie unproblematisch, argumentiert die rot-grüne Koalition. Mit ähnlichen Argumenten wurden bislang auch die U-Boot-Lieferungen nach Israel verteidigt. Inzwischen mehren sich Hinweise, dass die israelische Regierung die drei aus Deutschland gelieferten "Dolphin"-Boote auch mit Raketen für etwaige Einsätze gegen aufständische Palästinenser ausrüstet.

ANDREAS ZUMACH