Frankfurter Rundschau, 1.11.2000

Barak bittet Berlin um Vermittlung für Geiseln

Schröder verspricht Engagement im Nahen Osten

Israels Premierminister Ehud Barak hat Bundeskanzler Gerhard Schröder grünes Licht gegeben, sich für die vier von der Hisbollah entführten israelischen Soldaten einzusetzen. Barak bemühte sich auch am Dienstag weiterhin darum, die innenpolitische Krise in Israel beizulegen. Die gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Armee und Palästinensern im Gaza-Streifen dauerten unterdessen an.

JERUSALEM, 31. Oktober (geg/dpa/ap/rtr/afp). Die Bundesregierung soll sich doch in die Bemühungen einschalten, die gekidnappten Israelis in Verhandlungen freizubekommen. Nach einem Gespräch mit Bundeskanzler Schröder, der am Dienstag während seiner Nahost-Reise in Israel Station machte, signalisierte Barak, das Vermittlungsangebot annehmen zu wollen. Eine solche Hilfe sei wichtig, "wenn es um unsere Gefangenen geht", sagte der israelische Regierungschef.

Schröder stellte die Frage nach dem Schicksal der Entführten gar an die erste Stelle seiner Erklärung. Man möge zwar "unsere Möglichkeiten nicht überschätzen", aber das Machbare werde Deutschland in gebotener Diskretion tun. Bislang hatte Israel die Offerte zur Nutzung deutscher Kontakte nach Libanon ausgeschlagen. Am 9. Oktober waren drei israelische Soldaten an der libanesischen Grenze von einem Hisbollah-Kommando verschleppt worden. Knapp eine Woche später wurde ein weiterer Fall bekannt, bei dem ein israelischer Geschäftsmann in die Hände der proiranischen "Gottespartei" geriet.

Einen "deutschen Beitrag" versprach Schröder ebenso, um von dem akuten Konflikt wieder zu einem Friedensprozess zwischen Israelis und Palästinensern zu kommen. Voraussetzung sei aber, dass die Abmachung von Scharm el-Scheich über einen Gewaltverzicht "in vollem Umfang und von beiden Seiten" respektiert werde.

Zu Schröders Programm in Israel gehörte auch ein Besuch in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vaschem sowie am Grab des ermordeten Premiers Yitzhak Rabin. Für den heutigen Mittwoch sind Gespräche mit Palästinenser-Präsident Yassir Arafat in Gaza geplant.

Ministerpräsident Barak bemühte sich am Dienstag um die Bildung einer politischen Allianz seiner Minderheitsregierung mit der ultraorthodoxen Schas-Partei, um die innenpolitische Krise abzuwenden. Gespräche mit dem rechtsgerichteten Likud hatten zuvor keine Ergebnisse gebracht. Schas hat angekündigt, die Regierung in den kommenden vier Wochen zu dulden. Der Parteivorsitzende Eli Ischai schränkte allerdings am Dienstag ein, dies gelte nur unter der Voraussetzung, dass Barak die im Abkommen von Camp David gemachten Zusagen ruhen lasse.

In der Nacht zum Dienstag griffen israelische Kampfhubschrauber mehrere Gebäude der palästinensischen Fatah-Organisation an. Dabei wurden nach Angaben von palästinensischer Seite fünf Bewohner der Siedlung El Bireh im Westjordanland verletzt. Bei erneuten Auseinandersetzungen im Gaza-Streifen wurden zwei Palästinenser getötet und ein Reporter des US-Senders CNN leicht verletzt. Israelische Panzer beschossen wieder Stützpunkte militanter Palästinenser. Israels Beauftragter für regionale Zusammenarbeit, Schimon Peres, traf mit Arafat zusammen.