Aachener Nachrichten online, 31.10.2000 19:38

"Mit Schlägen aufgewachsen"

Aus dem für Calhan verhängnisvollen Gutachten des Amtsarztes

Aachen/Paderborn (an-o/dd). "Schläge ist Herr C. seit seiner Schulzeit gewohnt gewesen, mit denen ist er quasi aufgewachsen", stellte der Paderborner Amtsarzt Dr. Peter Eicker in seinem Gutachten fest, das zur Abschiebung von Hüseyin Calhan führte.

Der Arzt, seit langem Leiter der Sozialpsychiatrischen Abteilung im Kreisgesundheitsamt Paderborn, wird von der Ärztekammer Westfalen-Lippe als "Arzt mit Psychiatrieerfahrung" eingestuft. Eicker, der die Reisefähigkeit Calhans attestierte, war nach einer einjährigen Assistentenzeit an den Städtischen Kliniken Dortmund drei Jahre lang Bundeswehrarzt. Danach trat er 1982 seine Stelle im Gesundheitsamt des Kreises Paderborn an.

Gegenteil gemacht

Im für den Kurden verhängnisvollen Gutachten stellt Dr. Eicker unter anderem weiter fest: "Sein Werdegang und sein Verhalten zeigen, dass er darunter (den Schlägen) nie nachträglich gelitten hat. Es wurden von ihm keine Rückzugstendenzen geschildert, er hat sich nicht isoliert oder ist irgendwie depressiv aufgefallen. . . .

Folterszenen während der Haft 1992 können ohne weiteres als Traumata angesehen werden. Aber haben sie auch zu einer posttraumatischen Belastungsstörung geführt? Eben nein, denn Herr C. hat danach wieder normal zu Hause und kurz darauf in Alanya als Kellner gearbeitet. Zusätzlich ist er politisch im Untergrund in einer kurdischen Gruppe tätig gewesen.

. . . Jemand, der durch Traumata wie Misshandlungen stark belastet ist, wird alles vermeiden, jemals wieder in eine ähnlich gelagerte Situation zu kommen, in der er nochmals einem solchen Trauma ausgesetzt sein könnte. Herr C. machte aber genau das Gegenteil."