Süddeutsche Zeitung, 28.10.2000

Schröder zu politischen Gesprächen in Nahost

Von Kurt Kister

Berlin - Am heutigen Samstag bricht Bundeskanzler Gerhard Schröder zu einer fünftägigen Reise durch den Nahen Osten auf. Schröder wird Ägypten, den Libanon, Jordanien, Syrien und Israel sowie die Palästinensergebiete besuchen. Die Visite war ursprünglich mit einem erweiterten Programm und einer Dauer von sieben Tagen geplant. Angesichts der bürgerkriegsähnlichen Zustände in Palästina wurden die eher gesellschaftlichen und touristischen Programmpunkte gestrichen. Bis auf eine Grundsteinlegung für ein "Haus der Deutschen Industrie" in Kairo und den für deutsche Gäste obligatorischen Besuch in der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Jad Vaschem stehen auf dem Terminplan des Kanzlers ausschließlich politische Gespräche.

Michael Steiner, Schröders außenpolitischer Berater, wies in Berlin nochmals darauf hin, dass der Kanzler keine Vermittlerrolle im Nahost-Konflikt einnehmen werde. Man dürfe aber, sagte Steiner in der ARD, diese Region in einer schwierigen Zeit "nicht im Stich lassen". Schröder reise als "Freund der Araber und der Israelis". Man habe sich, meinte Steiner, nicht für "die bequemere Lösung", die Absage der Reise, entschieden, weil man "gerade jetzt Solidarität zeigen" wolle.

Schröders erste Station wird Kairo sein, wo der Kanzler den ägyptischen Präsidenten Hosni Mubarak und den Generalsekretär der Arabischen Liga, Esmat Abdel Maguid, treffen wird. Am Sonntag geht es nach Beirut; der 20-stündige Aufenthalt im Libanon ist der erste Besuch eines deutschen Kanzlers in dem Mittelmeerstaat. Den Montag verbringt Schröder in drei Ländern - zunächst im Libanon, dann in Jordanien, die Übernachtung ist in der syrischen Hauptstadt Damaskus geplant. In Amman hat König Abdallah zum Mittagessen geladen, am frühen Nachmittag spricht Schröder außerdem noch mit dem jordanischen Premier Ali Abdul el Ragheb. Der kurze Flug von Amman nach Damaskus ermöglicht am frühen Abend ein erstes Gespräch mit Syriens neuem Präsidenten Baschar el-Assad. Assad, der nach dem Tode seines Vaters im Juli das Amt angetreten hatte, ist außerdem Gastgeber eines Abendessens im Präsidentenpalast. Nach einer mutmaßlich kurzen Nachtruhe erfolgt am Dienstag die Weiterreise nach Israel. In Jerusalem stehen Gespräche mit Ministerpräsident Ehud Barak und Staatspräsident Mosche Katsaw an. Nach einem Besuch in der Knesset wird Schröder am Grabe von Jitzchak Rabin sowie in Jad Vaschem Kränze niederlegen. Den Mittwoch wird der Kanzler überwiegend in Bethlehem verbringen, wo er auch Jassir Arafat treffen wird.