DER STANDARD (A), 28./29. Oktober 2000

Asylland: Legende und Statistik

1946 noch 482.596 Flüchtlinge von der öffentlichen Hand versorgt, heute 3287

Wien - Derzeit sind in Österreich 3287 Asylwerber in Bundesbetreuung. Diese gelten, vornehmlich in der politischen Diskussion, bereits als wirtschaftliche und soziale Belastung. Zum Vergleich der Stand vom August 1946: Damals waren 482.596 Flüchtlinge in Österreich - und alle wurden von der öffentlichen Hand versorgt.

Der Zweite Weltkrieg ließ unzählige Menschen heimatlos zurück: Juden, Volksdeutsche, "Displaced persons" waren in Flüchtlingslagern, von den Alliierten geführt, quer durch das Land untergebracht. Viele verließen Österreich Richtung USA, viele blieben, neue kamen dazu.

Der Eiserne Vorhang

Im Juli 1950 wurden immer noch knapp 359.000 Flüchtlinge gezählt. Danach nahm ihre Zahl rapid ab: Die kommunistischen Regierungen in Osteuropa waren neu, der Eiserne Vorhang gerade fertig. Von 1950 bis 1955 war kaum in den Westen durchzukommen. Die nächste große Fluchtwelle füllte aufs Neue die Lager, die bis in die 60er-Jahre fortbestanden: Nach der Niederschlagung des Volksaufstandes in Ungarn 1956 kamen 165.000 Flüchtlinge nach Österreich, weitere 15.000 im Jahr darauf. Für die Meisten allerdings war Österreich Transitland: Nur 13.000 blieben auf Dauer hier.

In den ersten fünfzehn Jahren der Zweiten Republik kamen aus dem Ausland fast nur politische Flüchtlinge nach Österreich. Mit der Anwerbung von Arbeitsmigranten seit den 60er-Jahren drehte sich das Verhältnis krass um: Fortan machten die Flüchtlinge den kleineren Teil der Zuwanderung aus.

In der Ära Kreisky stellte Österreich dem Anfang 1951 gegründeten Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen, UNHCR, kleine Kontingente zur Verfügung. Um Verfolgte aus Chile, Uganda, Argentinien oder Vietnam machte sich Österreich in den folgenden Jahren verdient, bisweilen mit großem Einsatz der Diplomaten vor Ort. Aber die Flüchtlingszahlen blieben gering: meist nur 1000 bis 2500 Personen pro Jahr. 34.000 waren es 1981, wegen des Kriegsrechtes in Polen. Das blieb bis heute die größte Flüchtlingswelle. Von 1987 bis 1992 lagen die Zahlen hoch, jährlich zwischen 11.400 und, anno 1991, 27.300; dieser Spitzenwert entstand durch die letzte und größte Kontingentaktion: für irakische Kurden. Gleich danach wurde das Asylrecht radikal eingeschränkt, die Flüchtlingszahl sank. (schles)